(ots) - Das Tempo im Konflikt um Katalonien nimmt zu.
Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont hatte in einer
zweideutigen Erklärung am Dienstagabend im Parlament von Barcelona
gesagt, dass Katalonien infolge des Ergebnis des illegalen
Referendums vom 1.Oktober eine unabhängige Republik sein werde. Doch
wurde die formale Ausrufung des eigenen Staats erst einmal
verschoben. Damit wollte Puigdemont Zeit gewinnen, Zeit für "den
Dialog" und wohl in der vagen Hoffnung, dass im allerletzten Moment
doch noch die Kavallerie aus Brüssel zu Hilfe kommt. Doch Spaniens
Ministerpräsident Mariano Rajoy hat dem Plan der Separatisten einen
Strich durch die Rechnung gemacht. Die Regierung in Madrid fordert
von Puigdemont eine formale Aufklärung darüber, ob man in Katalonien
nun die Unabhängigkeit erklärt habe oder nicht. Dies ist der erste
notwendige Schritt zur Aktivierung von Artikel 155 der Verfassung,
der die Aussetzung der Autonomieregierung ermöglicht.
Beide Kontrahenten haben also ihre Waffen gezogen, doch noch wagt
keiner, zu schießen. In dieser Situation ist die Hoffnung auf
konstruktive Gespräche zwischen beiden Seiten abwegig. Es geht
mittlerweile auch nur noch darum, wer am Ende besser aus der Krise
herauskommt und wer das Gesicht verliert. Es geht um das Image
gegenüber dem Ausland und den Wählern im Lande. Um den mit enormen
Risiken verbundenen Schritt des Artikels 155 zu gehen, müsste
Puigdemont der Regierung in Madrid schon einen handfesten Grund
geben. Die unzweideutige, formelle Anerkennung, dass für die
Separatisten am Ende dieses Prozesses so oder so die Unabhängigkeit
stehen wird, wäre ein solcher Grund. Im Ausland hätte man in diesem
Fall wohl Verständnis dafür, dass der Staat Puigdemont und seine
Mitstreiter absetzt, die Regierungsgeschäfte in Katalonien übernimmt
und wahrscheinlich Neuwahlen ausruft. Rajoy hat sich für diese
radikale Maßnahme die Unterstützung der Sozialisten und der liberalen
Ciudadanos gesichert und stützt sich damit auf eine breite Mehrheit
im Parlament.
Nun liegt der Ball wieder im Feld von Puigdemont. Bei aller
Kreativität, welche die Separatisten bislang an den Tag gelegt haben,
scheint es ihnen kaum möglich, sich aus Rajoys Ultimatum
herauszuwinden. Puigdemont muss die Karten auf den Tisch legen und
klar sagen, ob die Unabhängigkeit für die Separatisten überhaupt noch
verhandelbar ist. Er könnte aber auch die Flucht nach vorne antreten
und selbst Neuwahlen einberufen.
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