PresseKat - Birte Pauls zu TOP 19: Familienplanung ist ein individuelles Recht

Birte Pauls zu TOP 19: Familienplanung ist ein individuelles Recht

ID: 1540028

(ots) - Es gilt das gesprochene Wort! Hinweis: Diese Rede
kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html

"Jede und jeder kann selber entscheiden ob und wie viele Kinder
man haben möchte und welcher Zeitpunkt dafür der Richtige ist. In den
Aktionsprogrammen der Weltbevölkerungskonferenzen wurde weiter
hinzugefügt, dass Frauen, Männer und Paare auch das Grundrecht haben
sollen, sich über die Möglichkeiten zur Familienplanung zu
informieren, in der Anwendung unterwiesen zu werden und Zugang zu
sicheren, wirksamen, erschwinglichen und akzeptablen
Familienplanungsmethoden ihrer Wahl zu haben.

Soweit die Theorie, soweit die europäische und international
wachsende Entwicklung. Eine Selbstverständlichkeit werden viele
denken. Ja. Bloß die Praxis sieht leider etwas anders aus, besonders
in Deutschland. Gesunde und sichere Verhütung ist vom Geldbeutel und
damit vom sozialen Status abhängig. Frauen über 20 in Ausbildung,
Studierende, Frauen in ALG 2 Bezug, Empfängerinnen von Wohngeld,
Asylbewerberinnen sind gleichermaßen betroffen.

Ein Beispiel: Bei einen Regelkostensatz im ALG 2 Bezug von z.Zt.
409 EUR monatlich und einen darin enthaltenen Bedarf für
Gesundheitspflege von 15 EUR monatlich müssen betroffene Frauen 3-mal
überlegen, wofür sie das wenige Geld ausgeben. Die Kosten von
sicheren Verhütungsmethoden, die nicht in dem Satz enthalten sind,
übersteigen dieses Budget um ein vielfaches. Ein orales Kontrazeptiva
kostet im Durchschnitt 20EUR, eine Spirale die bis 5 Jahre wirkt
kostet inclusive des Einsetzens 300 - 400EUR, eine 3 Monatsspritze
liegt bei 30EUR plus Kosten der Injektion. Eine Vasektomie bei
Männern kostet ebenfalls im Durchschnitt 500EUR. Ein Ansparen ist
aufgrund des engen Budgets so gut wie nicht möglich. Wenn der Winter




kommt, die Kinder neue Stiefel brauchen, neue Bücher für das Studium
angeschafft werden müssen, das Busticket ansteht, dann müssen Frauen
sich also entscheiden. In dem Moment wird ihnen genau das aberkannt,
was eigentlich international gilt: Jede hat das Recht auf
Familienplanung. Es darf nicht sein, dass Frauen in sowieso schon
schwierigen finanziellen Lebenslagen und prekären Situationen
gezwungen sind, aus Kostengründen auf unsichere Verhütungsmethoden
zurückzugreifen und so dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft
ausgesetzt sind. Es ist, ganz selbstkritisch betrachtet, 2004 ein
rot/grün politischer Fehler gewesen, dass Menschen, die über ein
geringes Einkommen verfügen, nicht mehr die Möglichkeit haben einen
Antrag auf Kostenübernahme ärztlich verordneter Verhütungsmittel zu
stellen. Gleichzeitig werden die Kosten für einen
Schwangerschaftsabbruch sehr wohl übernommen, allerdings aus einer
anderen Kasse, was den Frauen in so einer schwierigen Gefühlslage
allerdings wohl ziemlich egal sein dürfte. Gestern wie heute ein
Fehler, den wir gerne korrigieren wollen. Deshalb begrüßen wir die
Bundesratsinitiative der Länder Niedersachsen und Bremen die im
September auf den Weg gebracht wurde, um die Kostenübernahme von
Verhütungsmitteln für geringverdienende Frauen unbürokratisch und vor
allem bundesweit einheitlich zu regeln. Die Möglichkeiten werden
bereits in Modellregionen bis 2019 untersucht. Lübeck beteiligt sich
an dem Projekt biko ( Beratung, Information Kostenübernahme bei
Verhütung ) das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend gefördert. wird. Es soll u.a. zuverlässige Daten für den
tatsächlichen Bedarf an einer Kostenübernahme liefern. Auch Flensburg
ist hier schon länger Vorreiter: 2009 startete die Stadt gemeinsam
mit Politik, Frauenforum, Verwaltung, Verbänden, Beratungsstellen
eine Initiative zur Kostenübernahme ärztlich verordneter
Verhütungsmittel. Seitdem wird allen Frauen, unabhängig des
Einkommens der Zugang zu Verhütungsmittel ermöglicht.

Neben Flensburg und Lübeck gibt es auch in Geesthacht, Stormarn,
Norderstedt, Heide und Neumünster Projekte zur Kostenübernahme. Nun
fragen sie sich vielleicht, warum wir ausschließlich die Frauen in
den Fokus unseres Antrages gerückt haben. Nun, es ist es immer noch
so, dass besonders die langwirkende Verhütung meist von den Frauen
übernommen wird. Selbstverständlich hätten wir gerne die Männer in
gleicher Verantwortung gesehen. Aber wir wollen mit dem Antrag ja die
bereits gestartete Bundesratsinitiative unterstützen und dessen
Wortlaut bezieht sich nun mal auf die Frauen. Also, liebe Männer hier
liegt keine Diskriminierung vor. Wenn Pharmaindustrie und
Männerpolitik soweit sind, dass wir hier von tatsächlichen
gleichberechtigten Entscheidungen reden können, sollten wir das zu
dem Zeitpunkt auf jeden Fall tun. Herzlich gerne. Bis dahin wollen
wir den Frauen helfen zu ihrem Recht auf Familienplanung zu kommen.



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Pressesprecher: Heimo Zwischenberger(h.zwischenberger(at)spd.ltsh.de)

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Datum: 12.10.2017 - 16:50 Uhr
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