(ots) - Die Zerschlagung von Air Berlin ist perfekt und
Lufthansa der große Gewinner. Konzernchef Carsten Spohr hatte
geduldig auf jenen Tag Mitte August gewartet, an dem Etihad bei Air
Berlin den Stecker zog und die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft
Insolvenz anmelden musste. Aller teuren Altlasten wie Schulden,
Personal und Leasingverträgen enthoben übernimmt Lufthansa ein
maßgeschneidertes Paket an Fliegern und Routen. Über den Zuschnitt
hat der Konzern schon vor der Vertragsunterzeichnung mit den
zuständigen Wettbewerbshütern in Brüssel gesprochen und Auflagen
einkalkuliert.
Dennoch bleiben einige nicht unwesentliche Teile des Geschehens,
die Lufthansa nur schwerlich kalkulieren kann. So ist nicht zuletzt
von Bedeutung, was mit dem Rest von Air Berlin passiert, den die
Kranichlinie aus kartellrechtlichen Gründen nicht übernehmen kann.
Ebenso wie das Air-Berlin-Management hatte Spohr auf den "Partner"
Easyjet gesetzt, mit dem neben Lufthansa als einzigem seit rund drei
Wochen exklusive Verhandlungen geführt wurden. Sowohl was die
Sondierungsgespräche in Brüssel angeht als auch beim Kaufpreis und
den Folgekosten von rund 300 Mill. Euro dürfte der Konzern
unterstellt haben, dass auch mit Easyjet ein Abschluss erzielt wird.
Die Briten sind jener Wettbewerber, der für Lufthansa als berechenbar
gilt, mit dem sie glaubt, am besten auf Augenhöhe konkurrieren zu
können.
Doch Easyjet droht im Landeanflug abzudrehen und hat dem Vernehmen
nach ihr Gebot gesenkt. Air Berlin verhandelt mit Hochdruck weiter
und will - oder muss - nun auch erneut die Thomas-Cook-Tochter Condor
als Interessentin in Betracht ziehen. Dabei drohen dem
Insolvenzverwalter nicht nur erhebliche Einbußen gegenüber seinem
bisherigen Szenario, sondern auch die Gefahr, dass Air Berlin das
Geld ausgeht. Im Wettlauf gegen die Zeit wird seine Position täglich
schwächer. Das weiß auch Easyjet, die sowohl den Preis drücken als
auch lukrative Landerechte sichern will.
Falls Easyjet zu hoch pokert oder sich tatsächlich zum Rückzug
entschließt, droht der Lufthansa doch noch unliebsame Konkurrenz im
Heimatmarkt, wenn etwa Ryanair bei der Neuvergabe der Landerechte gut
zum Zuge käme. Neben all diesen Unwägbarkeiten kann die Lufthansa
überdies nicht sicher sein, dass die Air-Berlin-Piloten in Anbetracht
von Gehaltsabschlägen bis zu 40% bei ihr Schlange stehen werden.
Falls nicht könnte auch ihr Wachstumskurs von Personalmangel gebremst
werden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es im Anflug auf die
Landebahn noch ein paar Turbulenzen gibt.
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