(ots) -
Dienstag, 17. Oktober 2017, 21.00 Uhr
Frontal 21
Moderation: Thomas Walde
Methadon für Krebspatienten - Umstrittene Heilsversprechen
Ein Schmerzmittel, das man sonst nur mit der Drogentherapie in
Verbindung bringt, sorgt in letzter Zeit für Aufregung: Die
Chemikerin Dr. Claudia Friesen hat in Laborversuchen entdeckt, "dass
Methadon die Wirkung von Krebsmedikamenten verstärken kann, so dass
der hundertprozentige Zelltod der Krebszelle erreicht werden kann".
Ihr Ansatz ist unter Medizinern allerdings stark umstritten. "Das
Medikament müsste in einer so hohen Menge eingenommen werden, die wir
in Menschen nicht erreichen können, um die Effekte, die im Labor
behauptet werden, zu sehen", sagt etwa Professor Wolfgang Wick vom
Universitätsklinikum Heidelberg.
Zudem fehlt bisher ein wissenschaftlicher Beweis, ob Methadon
tatsächlich helfen kann und nicht etwa Patienten schadet. Doch so
lange zur Wirksamkeit keine entsprechenden Ergebnisse in Form von
klinischen Studien vorliegen, ist die Anwendung von Methadon bei
Krebspatienten ein Experiment.
Weil für die Betroffenen aber jeder Tag zählt und sie deshalb nicht
länger warten wollen, organisieren sich Zigtausende Krebspatienten
und ihre Angehörigen selbst: In Internet-Foren oder Facebook-Gruppen
beispielsweise werden Listen mit Ärzten ausgetauscht, die Methadon
verschreiben, wenn es der eigene Arzt nicht tut. "Frontal 21" auf der
Suche nach Klarheit in der Debatte um die Wirksamkeit von Methadon in
der Krebstherapie.
Air-Berlin-Pleite - Gewinner und Verlierer
Hat Lufthansa die Übernahme großer Teile von Air Berlin mit Hilfe der
Bundesregierung von langer Hand eingefädelt - ohne Rücksicht auf
Arbeitsplätze, Verbraucher und Steuerzahler?
Diese Frage stellen Kritiker des größten deutschen Luftfahrt-Deals,
der am vergangenen Donnerstag notariell besiegelt wurde. "Frontal 21"
hat zahlreiche Gespräche mit Beschäftigten von Air Berlin,
Gewerkschaftern, Rechts- und Wirtschaftsexperten geführt. Das Fazit:
Auf der Gewinnerseite stehen Aktionäre und erfolgsabhängig bezahlte
Manager der Lufthansa. Verlierer sind Tausende Air-Berlin-Mitarbeiter
ohne Jobaussicht, Tausende Air-Berlin-Kunden mit wertlosen
Flugtickets - und auch Steuerzahler, die für die sozialpolitischen
Folgen aufkommen werden müssen.
"Man muss schon diskutieren, ob der Deal geschnürt wurde zugunsten
von Lufthansa und zu Lasten des Steuerzahlers", sagt beispielsweise
Professor Daniel Zimmer, Direktor des Lehrstuhls für Handels- und
Wirtschaftsrecht an der Universität Bonn. Der Experte für
Wettbewerbsrecht beobachtet seit Jahren, dass im Konkurrenzkampf der
internationalen Luftfahrt "die Bundesregierung den eigenen Konzern
schützen will". Die Tatsache, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr schon
Anfang Mai im Gefolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU,
Gespräche über die Zukunft von Air Berlin mit Etihad in Abu Dhabi
geführt hat, wird auch von Gewerkschaftsvertretern als Indiz für die
politische Einflussnahme gewertet.
Arbeitsrechtler wie der Bremer Jurist David Schäfer kündigen bereits
eine Klagewelle gegen Lufthansa an. "Die Lufthansa setzt sich ins
gemachte Nest der Air Berlin", sagt Schäfer und fügt hinzu: "Somit
handelt es sich nicht um eine Stilllegung der Air Berlin, sondern es
ist ein Betriebsübergang, für den es klare rechtliche Vorschriften
gibt, der auch die Ãœbernahme des Personals zu gleichen Konditionen
verlangt." Danach werde die Lufthansa auch ihrer sozialpolitischen
Verantwortung für die rund 8000 Beschäftigten der Air Berlin nicht
gerecht, betonen die Sprecher der Piloten-Gewerkschaft Vereinigung
Cockpit, der Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO und der
Industriegewerkschaft Luftverkehr. Denn für etwa 5000
Air-Berlin-Mitarbeiter habe die Lufthansa bisher kein Angebot
vorgelegt.
Die von Arbeitslosigkeit bedrohten Air-Berlin-Beschäftigten machen im
Internet ihrem Ärger Luft. Hier werfen sie der Lufthansa
"Rosinenpickerei" bei der Personalauswahl vor. Eine Flugbegleiterin,
die anonym bleiben will, sagte gegenüber "Frontal 21": "Die billigen,
hübschen, jungen und gesunden Arbeitskräfte werden gern genommen, die
älteren, selbstbewussten Mitarbeiter mit höheren Gehältern dagegen
werden jetzt aussortiert."
Verbraucherschützer wiederum fordern gewissenhafte Prüfungen durch
die Kartellbehörden, weil es jetzt vor allem im innerdeutschen
Flugverkehr auf einzelnen Strecken zur Monopolstellung der Lufthansa
komme - wie beispielsweise auf der Fluglinie Köln-München. Das könne
deutliche Preissteigerungen zur Folge haben.
Der Fall Amri - Neue Beweise für Behördenversagen
Mohamed J. teilte über Wochen in einem Flüchtlingsheim in Emmerich am
Rhein ein Zimmer mit Anis Amri, dem Attentäter vom Berliner
Weihnachtsmarkt. Er kannte seinen richtigen Namen, wusste von dessen
Kontakten zu syrischen Dschihadisten und dass der Tunesier gefährlich
war. Bereits im Oktober 2015 warnte Mohamed J. seinen Sozialarbeiter
vor Amri, ein Jahr darauf informierte er das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge. Doch zu einer polizeilichen Vernehmung wurde Mohamed
J. erst Ende Januar 2017 geladen - einen Monat nach dem Anschlag im
Dezember 2016. Erstmals erzählt der junge Flüchtling bei "Frontal 21"
seine Geschichte.
Streit um Neubau der A1-Rheinbrücke - Gefahr durch Giftmüll
Viele Autobahnbrücken sind marode - darunter auch die A1-Rheinbrücke
im Autobahnkreuz Leverkusen-West. Sie soll nun komplett neu gebaut
werden - achtspurig statt sechsspurig. Doch Teile der Brücke und das
Autobahnkreuz befinden sich im Gebiet der geschlossenen
Giftmülldeponie Dhünnaue, die dafür wieder geöffnet werden müsste.
Seit dem späten 19. Jahrhundert lagern hier unter anderem
Produktionsabfälle aus dem früheren Chemieunternehmen IG Farben,
jetzt Bayer AG.
Vor der Öffnung der Deponie haben Bürger und Wissenschaftler große
Angst - zumal eine auf der Deponie gebaute Wohnsiedlung wegen
Gesundheitsschäden in den 1980er Jahren komplett abgerissen werden
musste. Die Keller waren verseucht, die Häuser unbewohnbar. Doch
trotzdem hat das Bundesverwaltungsgericht nach einer Prüfung des
Planfeststellungsbeschlusses aktuell entschieden: Es darf gebaut
werden.
"Frontal 21" hat einen unabhängigen Experten beauftragt, der zu dem
Urteil kommt: Die derzeitigen Planungen seien völlig unzureichend und
würden die Gesundheit von rund drei Millionen Menschen in
unmittelbarer Umgebung sowie den Verkehr durch entstehende Rückstaus
gefährden.
Merkels Euro-Politik - Stolperstein für Jamaika-Koalition?
Nur wenn es Europa gut gehe, gehe es auf Dauer auch Deutschland gut,
so die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, im
Bundestagswahlkampf 2017. Die Kanzlerin als "Miss Europa" - ein Bild,
das bei genauerem Hinsehen Kratzer bekommen hat. Auch die Bildung
einer Jamaika-Koalition mit den Grünen und der FDP dürfte sie in
dieser Hinsicht vor neue Herausforderungen stellen. Denn eine Frage,
die Merkel aus dem Wahlkampf erfolgreich verbannt hatte, steht immer
noch im Raum: Wie geht es weiter mit Griechenland?
Seit nunmehr sieben Jahren ringt Europa unter deutscher Führung mit
den griechischen Schulden, im nächsten Jahr laufen die aktuellen
Hilfsprogramme aus - und wieder ist es ungewiss, ob Griechenland
seine Kredite zurückzahlen kann.
Ein Rückblick: Als Griechenland 2010 vor dem Staatsbankrott stand,
hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung unter Kanzlerin
Merkel mit ihrem Zickzackkurs die Griechen monatelang hingehalten und
so den Preis für die Rettung des Landes in die Höhe getrieben. Weil
aus Berlin kein klares Signal der Solidarität kam, wurde weltweit auf
den Kapitalmärkten immer weiter auf den Zahlungsausfall Griechenlands
spekuliert. Das hat die Zinsen auf griechische Staatsanleihen in
astronomische Höhen getrieben, wovon sich das Land bis heute nicht
erholt hat. Schon damals war die FDP ein komplizierter
Koalitionspartner, wenn es um die europäische Solidarität ging.
Auch bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen ist die
Euro-Politik der Liberalen eine schwierige Hürde, die es für Merkel
zu überwinden gilt. Denn bereits in ihrem Wahlprogramm hatte sich die
FDP auf eine zeitliche Begrenzung des europäischen Rettungsschirms
ESM festgelegt und ein Staateninsolvenzrecht für die Eurozone
gefordert, also auch notleidende Euroländer in den Staatsbankrott
laufen zu lassen - eine Idee, der sich die Grünen kaum anschließen
werden. "Frontal 21" erinnert an deutsches Versagen in einer
griechischen Tragödie, die das Potenzial hat, eine jamaikanische zu
werden.
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