(ots) - Der Chef der Börse schmeißt hin. Nein, nicht
Carsten Kengeter, sondern Xavier Rolet, Chef der London Stock
Exchange, des verhinderten Fusionspartners der Deutschen Börse. Das
kommt für Kenner der Szene nicht völlig überraschend, war der
geordnete Rückzug aus dem CEO-Amt ja schon Rolets Plan für den Fall
einer geglückten Fusion der beiden Börsenbetreiber. Dass auch
Kengeter hinschmeißen könnte, wäre gleichwohl nicht so abwegig nach
dem Kesseltreiben gegen die Deutsche Börse und der öffentlichen
Demontage ihres Vorstandsvorsitzenden in einigen Medien, hinter der
nicht wenige am Finanzplatz ein gezieltes Manöver der Finanzaufsicht
Bafin vermuten.
Die Frage ist, wie sehr sich das Amtsgericht Frankfurt, das dem
von der Staatsanwaltschaft angebotenen Vergleich mit Deutscher Börse
und Kengeter und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens zustimmen
muss, von der Kritik der Bafin an dem Vergleich beeinflussen lässt.
Angeblich ist der Finanzaufsicht die Geldauflage zu gering. Es ist
schon sehr gewöhnungsbedürftig, wie hier ein Regulator versucht,
Einfluss auf ein rechtsstaatliches Verfahren zu nehmen. Was auch
immer die Agenda der Bafin sein mag, fest steht bereits jetzt, dass
die Deutsche Börse und der Finanzplatz dadurch Schaden genommen
haben. Wenn die Finanzaufsicht Vorbehalte gegen die Einstellung des
Verfahrens oder Kritik an den Bedingungen des Vergleichs hat, dann
sollte sie dazu offen Position beziehen. Ihr Präsident ist ja auch
sonst nicht auf den Mund gefallen.
Carsten Kengeter muss sich fragen, wie lange er gute Miene zum
bösen Spiel machen soll. Die Aktionäre mögen noch fest zu ihm stehen
und wissen, wie sehr der deutsche Börsenbetreiber an der Spitze einen
international erfahrenen Kapitalmarktfachmann braucht. Und dass gute
Alternativen angesichts des doch sehr provinziell anmutenden
regulatorisch-politischen Umfelds schwer zu gewinnen sein werden.
Doch die Aktionäre sitzen bei einem so politischen Unternehmen wie
der Deutschen Börse am kürzeren Hebel.
Für Kengeter könnte es mit Blick auf seinen im Frühjahr 2018
auslaufenden Vertrag und dessen noch nicht absehbarer Verlängerung
mehr als ein Gedankenspiel sein, sich mit einer beruflichen Zukunft
an seiner Wohn- und langjährigen Wirkungsstätte London zu
beschäftigen. Bis zu Xavier Rolets Abtritt als LSE-Chef Ende 2018 ist
ja noch Zeit und auch die emotionalen Wogen nach der gescheiterten
Fusion zwischen London und Frankfurt dürften sich bis dahin geglättet
haben.
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