(ots) - Libori, diese kurze Zeit im Jahr, wenn Paderborn
im Ausnahmezustand ist. Die Nuss-Sahne-Torte meiner Großmutter aus
dem Ruhrgebiet. Sogar der Blitzer auf der A2, der mich
zwangsentschleunigt, kurz bevor ich zuhause bin. Das alles ist Heimat
für mich, nicht die genannten Orte, sondern die exklusiven
Erinnerungen, die sie auslösen. Heimat ist ein Gefühl. Individuell,
subjektiv. Räumlich gesehen ist Heimat auch das Land, in dem ich
aufgewachsen bin. In Frieden zur Schule gehen zu dürfen. Selbst
entschieden zu haben, welchen Beruf ich ausüben möchte. So geht es
Millionen von Deutschen. Dennoch haben viele Angst, dass ihnen dieses
Glück genommen werden könnte, wenn sie andere Menschen teilhaben
lassen. Menschen, deren ursprüngliche Heimat in Schutt und Asche
liegt, die oft nicht mehr wollen, als zu überleben. Wir könnten diese
irrationale Angst ignorieren, wenn nicht vor wenigen Wochen eine
Partei mit mehr als 90 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen wäre,
deren Politik einzig und allein daraus besteht, aus dieser Angst
Kapital zu schlagen. Diese Gruppe radikaler Hetzer schwingt sich als
neue große Heimatpartei auf. Die etablierten Volksvertreter reagieren
ihrerseits, als gäbe es etwas zu verteidigen, was die AfD ihnen
weggenommen hat - die Deutungshoheit des Wortes Heimat. Heimat ist
zum großen Kampfbegriff der Politik geworden. Je lauter die Hetze der
Rechtspopulisten wird, desto drängender bemühen sich Union, SPD und
Grüne um eine maximalpositive Bedeutung. Man kann sich schon fragen,
ob die Volksvertreter in Berlin nichts Wichtigeres zu tun haben? Eine
handlungsfähige Koalition bilden zum Beispiel. Heimat ist noch kein
Regierungskonzept. Bisher waren vor allem zwei Interpretationen
verbreitet, eine verstaubte und eine verbotene: Heimat als Sinnbild
für Schwarz-Weiß-Filme, Schlager, romantische Bergwelten. Und Heimat
als Symbol deutscher Geschichte, der NS-Zeit, rechtsradikaler
Gruppen, die sich auch heute noch mit dem Wort Heimat schmücken.
Beide Auslegungen grenzen Menschen aus und sind rückwärtsgewandt.
Darum ist das Bedürfnis nach einer neuen Definition in Teilen der
Bevölkerung verständlich. Aber die Suche danach braucht Zeit. Sie
darf nicht von oben herab diktiert werden. Wir nehmen uns für den
Anfang eine Woche Zeit und Sie mit auf eine kleine Heimatreise durch
OWL.
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