(ots) - Die Börsen haussieren in einer seltenen
Gleichzeitigkeit fast weltweit. Der deutsche Leitindex Dax und
führende US-Börsenindizes eilen im goldenen Herbst des Bullenmarkts
auf Rekordstände, der indische Aktienmarkt markierte am Donnerstag
einen Rekord, und in Japan hat der Nikkei 225 bis Dienstag die
längste ununterbrochene Aufwärtsbewegung in seiner Geschichte
hingelegt, nur um nach einem kleinen Rücksetzer bis Freitag auf den
höchsten Stand seit Mitte 1996 zu steigen.
Überflügelt wird das prozentual zweistellige Plus dieser Märkte
seit Jahresbeginn vor allem von kleineren Handelsplätzen. Absoluter
Spitzenreiter ist laut Bloomberg der venezolanische Aktienmarkt mit
einem Plus von über 2100% (in Euro) oder der mongolische (+67%) und
ukrainische Markt (+53%). Sehr gut lief es bisher auch in
Argentinien, Südafrika, Kasachstan, Polen, und Chile, die in Euro
umgerechnet alle teilweise deutlich über 40% zugelegt haben. Tiefer
als zu Beginn des Jahres notieren nur wenige Märkte, wobei Qatar,
Pakistan und Saudi-Arabien die Schlusslichter bilden.
Zinsen bleiben niedrig
Der ungeachtet aller Warnrufe vor zu hohen Bewertungen fast
globale Höhenflug dürfte wohl noch eine Weile anhalten. Treibstoff
liefert weiterhin die Niedrigzinspolitik führender Zentralbanken. Die
US-Notenbank Fed hat in ihren "Fed Dots" von September per Ende 2019
das Mittel (Median) für den angemessenen Leitzins zuletzt nur noch
mit 2,688% statt wie zuvor 2,938% angegeben. An der nächsten
Fed-Sitzung am Dienstag und Mittwoch wird sich zeigen, ob diese
Erwartung unverändert bleibt oder wieder hoch gesetzt wird. Vor dem
Hintergrund, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Woche
nur ein "Baby"-Tapering eingeläutet hat und einmal mehr deutlich
macht, dass sie von noch lange anhaltenden niedrigen Zinsen ausgeht,
sieht derzeit wenig nach steigenden Realzinsen und deutlich
anziehenden Anleiherenditen aus.
Zugleich deuten die konjunkturellen Wachstumsdaten derzeit noch
keine nennenswerte Verlangsamung an. Der Ifo-Geschäftsklimaindex
stieg im Oktober gar auf ein Rekordhoch. Auch die Unternehmen
erfüllen in Summe - auch in Europa - die Gewinnerwartungen oder
übertreffen sie, wie zuletzt die US-Technologieschwergewichte Amazon,
Google und Microsoft.
In diesem Umfeld sind Aktien eine Art "Sweet Spot", also ein
Optimum unter den Anlageklassen. Denn sie vereinen attraktive
Eigenschaften. Angesichts der mit der Niedrigzinspolitik verbundenen
Blase an den Anleihemärkten erscheinen Aktien als noch einigermaßen
vernünftig bewertet, wobei der Sicherheitspuffer für negative
Ãœberraschungen aber stark schrumpft. Auch ist ein Kauf von Aktien ein
Bekenntnis zu Sachwerten. Sollte die Inflation doch einmal
überraschend stark anziehen, versprechen diese langfristig einen
besseren Werterhalt als Anleihen. Aktienpositionen sind auch
jederzeit rasch liquidierbar - was in diesen politisch offensichtlich
unsicheren Zeiten ein Plus darstellt gegenüber anderen weniger
liquiden Sachwerten wie Immobilien oder Private-Equity-Beteiligungen.
Gemäß der Bank of America Merrill Lynch (BoA ML) sind im laufenden
Jahr bisher 534 Mrd. Dollar in risikoreiche Assets wie Aktien und
Unternehmensanleihen geflossen, viel mehr als im bisherigen
Rekordjahr 2013 mit 281 Mrd. Dollar. Im Aktiensegment entfielen
allein 353 Mrd. Dollar Zuflüsse auf Indexfonds (ETF). Nach
wiederaufkeimenden Hoffnungen auf eine Steuerreform in den USA hat
auch Wall Street wieder Zuflüsse verzeichnet. Der
Bulle-und-Bär-Indikator der US-Großbank liegt nun im "sehr
bullishen", aber noch nicht im "euphorischen" Bereich. "Investiert
bleiben in risikoreichen Assets, bis das euphorische Niveau erreicht
ist", lautet darum die Devise von BoA ML. Auch andere Analysten gehen
von weiter steigenden Kursen aus. Die Verlängerung des
Anleihekaufprogramms durch die EZB stehe einem starken Zinsanstieg
entgegen, was die Aktienmärkte weiter unterstützen sollte, meint
beispielsweise die DZ Bank. Auch die fundamentale Seite spreche
weiterhin für Aktien.
Noch ist keine allgemeine Euphorie zu sehen, aber der Grat ist
schmal. Viele Investoren dürften bereits sorglos werden und die
Risikokontrolle vernachlässigen. Der norwegische Staatsfonds, der 1
Bill. Dollar umfasst und rund 1,5% an den großen gelisteten
Unternehmen weltweit halten soll, ist entsprechend vorsichtig. Yngve
Slyngstad, CEO des Fonds, sagte am Freitag: "Wir müssen auf volatile
Märkte vorbereitet sein." Ob das Marktumfeld nun sehr unstabil oder
sehr ruhig sei, unabhängig davon sei wohl dasselbe zugrundeliegende
Risiko im Markt vorhanden.
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