(ots) - Eine eindeutige Konsequenz aus den bislang
sichtbar gewordenen Schwächen des Videobeweises im deutschen
Profifußball zieht der Heidelberger Wissenschaftler Henning Plessner.
"Meine Argumentation ist, dass man den Videobeweis nur in bestimmten
Situationen nutzen sollte, in denen klar messbare Ergebnisse erzielt
werden", sagte er der "Heilbronner Stimme" (Samstag). "Etwa bei der
Frage: War der Ball über der Linie oder nicht?" Henning Plessner ist
Professor für Sportpsychologie an der Universität Heidelberg und hat
einen Forschungsschwerpunkt auf das Urteilen und Entscheiden im Sport
ausgerichtet.
Plessner sagte: "Mit dem Videobeweis verschieben wir das Problem
nur." Ein umfassender Problembeseitiger sei dieses technische
Hilfsmittel nicht. "Also würde ich da Druck rausnehmen. So wie der
Videobeweis derzeit praktiziert wird, sollte man ihn im Spiel eher
nicht einsetzen. Es wäre aber eine hoch spannende Sache fürs Training
der Schiedsrichter. Seine Einführung war der Idee geschuldet, das
Feld zu befrieden. Ob der Videobeweis wirklich Entscheidungen besser
macht, diese Frage bleibt offen. Sollte man das viele Geld, das für
die vermeintliche Gerechtigkeit ausgegeben wird, also nicht besser in
die Ausbildung der Schiedsrichter stecken, um dort etwa ein noch
besseres Entscheidungstraining durchzuführen?"
Der Heidelberger Sportpsychologe sieht im Versuch, mit dem
Videobeweis mehr Gerechtigkeit zu schaffen, ein vom Konstrukt her
schwieriges Unterfangen. "Der Glaube, dass im Videobild Wahrheit
liegt, ist sehr weit verbreitet", sagte Plessner dem Blatt. Doch wenn
man die Aufzeichnungen strittiger Szenen in Zeitlupe anschaue, wirke
Vieles gar nicht so eindeutig. "Gerade wenn es um
Bewegungsentscheidungen geht." Wenn also Tempo und Dynamik eine Rolle
spielen.
Henning Plessners Vorwurf an die Entscheidungsträger im deutschen
Fußball: "Ein paar Fehler wären vermeidbar gewesen, hätte man sich
intensiver mit Erfahrungen aus anderen Sportarten
auseinandergesetzt", sagte er. "Der Fußball hat das ja nicht
erfunden."
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