(ots) -
Am 24.10.2017 fand vor dem Landgericht Berlin der zweite Teil der
aufsehenerregenden Verhandlung über den Widerruf eines VW-Kredits
statt. Das Verfahren wurde durch die Berichtserstattung der Stiftung
Warentest in das Zentrum der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Denn
hier ging es nicht allein um den Widerruf eines einzelnen
Kreditvertrags zur Finanzierung eines Schummeldiesels - die
Entscheidung der Vorsitzenden Richterin Marianne Voigt wird
Auswirkungen auf Millionen Kreditverträge sämtlicher Autobanken
haben. Der Verkündungstermin wurde auf den 05.12.2017 anberaumt.
Kreditverträge der VW-Bank sind fehlerhaft
Rechtsanwalt Ruvinskij beobachtete die Verhandlung vor Ort und hat
Folgendes zu berichten: "So wie es aussieht, dürfte hier dem Kläger
ein Durchbruch gelungen sein. Die Richterin hielt an ihrer bereits im
ersten Teil der Verhandlung im April geäußerten Auffassung fest und
erachtete die von der VW-Bank erteilte Widerrufsinformation für
falsch. Gleich mehrere im Rahmen des Vertragsschlusses gesetzlich
vorgesehenen Pflichtangaben wurden nach Meinung des Gerichts nicht
ordnungsgemäß erteilt. Die Folge: der Vertrag muss rückabgewickelt
werden. Der Kunde gibt sein gebrauchtes Fahrzeug zurück an die Bank
und erhält die Anzahlung und die geleisteten Raten zurück.
In dieser Hinsicht ist die Position der Richterin absolut zu
begrüßen. Insofern bestätigte das Gericht die von uns vertretene
Rechtsauffassung und eröffnet den Kunden, die einen Wagen bei der
VW-Bank finanziert haben, die Möglichkeit ihren Darlehensvertrag zu
widerrufen.
Thema Nutzungsentschädigung bleibt streitig
Ärgerlich ist allerdings, dass die Vorsitzende Voigt von ihrer im
April geäußerten Auffassung zu der Nutzungsentschädigung abzurücken
scheint. Im Rahmen des ersten Verhandlungstermins war ihre Haltung
noch ganz klar: Ist die Widerrufsinformation nicht korrekt, bestünde
kein Anspruch auf Nutzungswertersatz. Diese Position relativierte die
Richterin im Prozess. Die Pflichtangaben seien zwar nicht
ordnungsgemäß erteilt, eine Nutzungsentschädigung entfalle aber nur,
wenn die Widerrufsbelehrung selbst Fehler enthält. Nach Ansicht der
Richterin war das in diesem Darlehensvertrag der VW Bank nicht der
Fall.
Diese Schlussfolgerung erscheint nicht konsequent und zwar vor dem
folgenden Hintergrund: Darlehensverträge können aus zwei Gründen
widerrufbar sein. Einerseits wenn die Widerrufsbelehrung selbst
Fehler enthält andererseits wenn im Vertrag nicht alle Pflichtangaben
gemacht wurden, zu denen die Bank verpflichtet ist, z.B. die Angabe
des effektiven Jahreszinses. Die Richterin betrachtete die Belehrung
losgelöst von den Pflichtangaben und hat nur auf inhaltliche Fehler
innerhalb der konkreten Information geachtet. Man kann das Gesetz
jedoch auch anders interpretieren, und von einer ordnungsgemäßen
Widerrufsinformation nur dann ausgehen, wenn sie geeignet ist den
Beginn der Widerrufsfrist auszulösen. Dazu gehört auch die Benennung
sämtlicher Pflichtangaben.
Landgericht Berlin könnte den Weg für Millionen Autofahrer ebnen
Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht Berlin seine Entscheidung
begründet. Klar ist allerdings schon jetzt: jetzt wo die Dämme für
den Widerruf des Kredits gebrochen sind, wird die Frage der
Nutzungsentschädigung die Gerichte noch intensiv beschäftigen." Aber
schauen wir auf das andere Szenario. Was bedeutet dieses vorläufige
Ergebnis für Verbraucher, die ihren Kreditvertrag nun mit guten
Erfolgsaussichten widerrufen dürfen.
Widerruf ist in der Regel wirtschaftlich sinnvoll
In solchen Fällen orientiert sich die Entscheidung für einen
Widerruf an der Wirtschaftlichkeit im konkreten Fall. Als Faustformel
gilt: je weniger Kilometer Sie mit dem Fahrzeug zurückgelegt haben,
desto lohnenswerter ist der Widerruf. Wir machen eine kleine Rechnung
auf mit den repräsentativen Zahlen aus unserer Statistik (ca. 900
Fälle).
- Durchschnittlicher Kaufpreis: 28.000 EUR
- Kaufzeitpunkt:15. Juni 2015
- Durchschnittliche jährliche Laufleistung eines PKWs: 14.015 km
(Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt)
- Durchschnittliche Gesamtlaufleistung: 250.000 km
Eine Orientierung bei der Ermittlung der Nutzungsentschädigung
bietet die folgende Formel:
(Gefahrene Kilometer x Kaufpreis)/Gesamtlaufleistung
(32.701 km x 28.000 EUR)/ 250000 km = 3.662,5 EUR
Auf einen Monat heruntergerechnet liegt die durchschnittliche
Nutzungsentschädigung bei ca. 130 EUR. Solche Konditionen der
Fahrzeugnutzung sind in Anbetracht des herkömmlichen Wertverlustes
auf dem freien Markt äußerst vorteilhaft. Und das gilt nicht nur für
Dieselfahrer, die ihre Fahrzeuge kaum noch loswerden können, sondern
auch für die übrigen Autofahrer.
Fazit
Das Urteil ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Rechtsanwalt Ruvinskij ist sich sicher: auch andere Gerichte werden
die Widerrufsinformationen der Autobanken kippen und Autofahrern die
Rückabwicklung ihrer Kaufverträge ermöglichen. Und auch in dem
Kapitel Nutzungsentschädigung ist das letzte Wort noch lange nicht
gesprochen. Für die verbraucherfreundliche Sicht streiten viele gute
Argumente die sich früher oder später durchsetzen werden.
Die Kraus Ghendler Ruvinskij Anwaltskanzlei ist eine der führenden
Kanzleien im Widerruf von Autokrediten mit Standorten in Berlin,
Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln und München.
Pressekontakt:
Pressesprecher: RA Ilja Ruvinskij
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