(ots) -
Keine Rücklagen für 30% der notleidenden Kredite in Deutschland
vorhanden / Europäische Banken sitzen auf notleidenden Krediten von
über 1 Billion Euro / Altlasten schränken Neukreditvergabe und
Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und den USA ein / Druck auf
Banken in Bezug auf den Abbau notleidender und nichtstrategischer
Kredite steigt
Ein Jahrzehnt nach der letzten Finanzkrise summieren sich
ausfallgefährdete Kredite - auch "Non-Performing Loans" bzw. "NPL"
genannt - in den Büchern europäischer Banken auf über eine Billion
Euro. Selbst in Deutschland, wo diese Geldanleihen nur einen Anteil
von 2,6% des Gesamtkreditvolumens ausmachen, sind knapp ein Drittel
dieser Kredite (30%) nicht durch Risikovorsorgen gedeckt. Dabei geht
es um eine Summe von etwa 20 Milliarden Euro, wie eine aktuelle
Analyse von Strategy&, den Strategieberatern von PwC, belegt. Diese
Kredite würden im Falle notwendiger Abschreibungen als Verlust direkt
auf das Eigenkapital der Banken durchschlagen.
Dabei wird der externe Druck auf die Institute immer größer, die
NPL in ihren Bilanzen zu restrukturieren, was niedrige Gewinnmargen
zur Folge hätte. Neben der Niedrigzinspolitik der EZB und schwacher
Wirtschaftsentwicklung in einigen Kernländern der EU zählen vor allem
neue regulatorische Hürden zu den negativen Einflussfaktoren. Zudem
führt die hohe Kapitalbindung in den Altlasten dazu, dass viele
europäische Banken bei der Vergabe von Neukrediten eingeschränkt
sind. Das kann erhebliche Konsequenzen für die Konjunktur, den
laufenden Strukturwandel und die notwendige Digitalisierung nach sich
ziehen, wodurch auch die relative Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten
gegenüber China und den USA beeinflusst würde. "Der beschleunigte
Abbau notleidender Kredite bietet vielen Banken Freiraum für dringend
benötigtes profitables Geschäft. Die zuletzt gestiegenen
Abbauaktivitäten speziell in Italien stimmen positiv, nachdem knapp
ein Drittel aller notleidenden Kredite in den Bilanzen der dortigen
Banken liegt", so Dr. Philipp Wackerbeck, Geschäftsführer und Leiter
Financial Services bei Strategy& in Deutschland. "Angesichts der
anhaltend niedrigen Zinsmargen und zunehmender regulatorischer
Anforderungen ist es für Banken unverzichtbar, nötige Abbaumaßnahmen
zu forcieren und zügig umzusetzen. Neben notleidenden gilt das auch
für unprofitable Kredite, vor allem mit Blick auf den erwarteten
Anstieg der Risikoaktiva bei einem Kompromiss in den
Basel-IV-Verhandlungen. Vorrangiges strategisches Ziel der
Finanzinstitute sollte es vor diesem Hintergrund sein, die auch in
Deutschland und anderen wirtschaftlich starken europäischen Ländern
noch immer schlummernden Kapitalrisiken zu bändigen."
Die unterschiedliche Entwicklung der NPL-Quoten in den einzelnen
Ländern zeigt, dass noch kein ausgewogenes und nachhaltiges
NPL-Niveau in Europa erreicht ist. Um bei allen Banken eine NPL-Quote
von mindestens 3% sicherzustellen, müssten auf Basis der
letztjährigen Erhebungen aus dem EBA Transparency Exercise europaweit
NPLs in einem Volumen von fast 600 Milliarden Euro abgebaut werden.
Die Institutionen der Europäischen Union haben den Handlungsbedarf
bereits klar erkannt und den Druck auf die Finanzinstitute erhöht. So
verständigten sich die EU-Finanzminister in den Eurogruppen- und
ECOFIN-Sitzungen am 10. und 11. Juli 2017 vor dem Hintergrund des
vergleichsweise hohen NPL-Anteils Europa auf weitere Schritte zur
Entwicklung eines Rahmens zur Beschleunigung der Abbautätigkeiten.
Angedacht sind dabei u. a. die Optimierung rechtlicher
Rahmenbedingungen und die mögliche Schaffung von auch nationalen
Einheiten zum Abbau der NPL. Die Minister griffen damit auch einen
Vorschlag von Andrea Enria, dem Vorsitzenden der Europäischen
Bankenaufsichtsbehörde EBA, zur Gründung einer europaweiten
Abbaueinheit für alle Banken auf.
Trotz dieser Rahmenbedingungen geht Stephan Lutz, Partner im
Bereich Financial Services Risiko und Regulierung bei PwC
Deutschland, nicht davon aus, dass der Aufbau weiterer hauptsächlich
staatlich finanzierter Bad Banks als Einzellösung notwendig oder gar
wahrscheinlich ist. "Vor allem die zunehmende Formalisierung und
Harmonisierung der Regulatorik in Europa und die politischen
Unwägbarkeiten der staatlichen Übernahme von privatwirtschaftlichen
Kreditrisiken stehen dem im Wege", so das Fazit von Lutz.
Im Rahmen der Analyse hat Strategy& zudem die bestehenden
Vorgehensweisen zum Abbau notleidender und unprofitabler Kredite
untersucht. Vier Faktoren ermöglichen den erfolgreichen Start bzw.
die Verbesserung laufender Abbauaktivitäten sowohl für existierende
Bad Banks als auch für mögliche nationale Abbaueinheiten: Zunächst
sollten die Institute im Sinne eines Neuanfangs ihre Organisation neu
aufsetzen und berücksichtigen, dass Abbauorganisationen sich in ihren
Eigenschaften klar von konventionellen Banken unterscheiden. Das
beinhaltet ein maßgeschneidertes Betriebsmodell mit klaren
Verantwortlichkeiten und Anreizen für Abbaumaßnahmen, korrekte
Kreditbewertungen und einen ganzheitlichen Abbauplan. Außerdem müssen
Banken die notwendigen Ressourcen bereitstellen. Für den gesamten
Abbau-Lebenszyklus sollte die Organisation mit einem sorgfältig
kalkulierten, regelmäßig evaluierten und durchgängig abgesicherten
Finanzierungs- und Liquiditätsniveau ausgestattet sein. Mit Blick auf
die Abbauaktivitäten muss im Sinne einer professionellen Umsetzung
die Wechselbeziehung zwischen Zeit und Ertrag im Rahmen des
Kreditabbaus und der Hold-to-Maturity-Aktivitäten gewährleistet sein.
Zudem sollten die Banken eine kohärente Abbaustrategie verfolgen, die
eine messbare inkrementelle Reduktion des Betriebs und der
Organisation mit fortschreitendem Portfolioabbau sicherstellt.
"Es geht für viele Banken um nicht weniger als die eigene Zukunft
und das langfristige Überleben", resümiert Wackerbeck. "Nur wenn die
von uns identifizierten erforderlichen Abbaumaßnahmen jetzt
eingeleitet werden, können die Banken ihre finanzielle Gesundheit
verbessern und sich wieder auf strategisches und nachhaltiges
Wachstum konzentrieren."
Ãœber Strategy&
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Vorteil zu verschaffen. Wir verfügen über 100 Jahre Erfahrung in der
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