(ots) - Kommentar von Sven Gösmann
ir haben in der Bundesversammlung eine Anti-Wulff-Wahl, eine
Anti-Merkel-Wahl und eine Pro-Gauck-Wahl erlebt. Am einfachsten ist
die Pro-Gauck-Wahl zu erklären. Der Kandidat von Rot-Grün übte große
Anziehung auf viele im schwarz-gelben Lager aus. Die Faszination des
Charismatikers überlagerte die Frage, ob der zur Selbstdarstellung
neigende Nichtpolitiker ein gutes Staatsoberhaupt geworden wäre. Auch
die Anti-Wulff-Wahl ist erklärbar. Er war seit mehr als 30 Jahren in
der (Unions-)Politik aktiv. Auf dem Weg nach oben hat er Rivalen
verdrängt, Menschen verletzt. Nun wurden in geheimer Wahl offene
Rechnungen beglichen. Bleibt die Anti-Merkel-Wahl. Nicht wenige bei
Schwarz-Gelb wollten ihre Enttäuschung über ihre Bundesregierung
demonstrieren und die aus Ihrer Sicht Hauptverantwortliche bestrafen,
einige sogar stürzen sehen. Dass sie das bürgerliche Lager an den
Rand des Abgrunds schoben, nahmen sie in Kauf. Für die schwächelnde
Kanzlerin ist das die dunkelgelbe Karte. Dagegen ist das knapp
verhinderte Debakel für Wulffs Präsidentschaft weniger
bedeutungsschwer. Mit Gustav Heinemann und Roman Herzog mussten schon
einmal Kandidaten in den dritten Wahlgang. Sie wurden dennoch
erfolgreiche, auch beliebte Bundespräsidenten.
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