(ots) - Entscheidungen betreffen vorrangig
Sportwettenmonopol
- Politiker können Veranstaltung und Vertrieb von Lotterien nun
angemessen regeln
- Spielsucht für Lotto kein Argument
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird morgen die lang erwarteten
Beschlüsse in den deutschen Vorlageverfahren zum Glücksspielrecht
verkünden. Es ist zu erwarten, dass der EuGH den Schlussanträgen des
Generalanwalts Paolo Mengozzi folgen wird. Demnach wären die
deutschen Gerichte dazu angehalten, die Kohärenz und
Verhältnismäßigkeit der deutschen Regelungen im Glücksspielrecht -
insbesondere für den Bereich der Sportwetten - zu überprüfen.
Der Generalanwalt Paolo Mengozzi hatte in seinen Schlussanträgen
im März die deutsche Glücksspielpolitik kritisch hinterfragt und eine
angemessene Regelung eingefordert. Folgt der EuGH seinen
Schlussanträgen, wäre es Aufgabe der Bundesländer, das Lotterie- und
Sportwettenmonopol "verhältnismäßig, kohärent und systematisch"
auszugestalten. Der Glücksspielstaatsvertrag müsste hiernach einen
"Scheinheiligkeitstest" vor deutschen Gerichten bestehen. Eine finale
Entscheidung wird somit wieder um Jahre verzögert.
Klarheit für die im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages heftig
umstrittenen gesetzlichen Werbe- und Vertriebsbeschränkungen von
staatlichen Lotterien und deren gewerblichen Vermittlung ist indes
morgen aus Brüssel nicht zu erwarten. Derzeit beschäftigen sich
dutzende deutsche Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof in hunderten
von Verfahren mit der Frage, wie für Lotterien geworben werden darf.
Auch das Verbot der Internetvermittlung von Lotterien wird
vermutlich nicht in Brüssel geklärt werden. Mengozzi hatte bereits in
seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen, dass diese Beurteilung
nicht Inhalt der dem EuGH vorgelegten Fragen sei. So sei es Sache der
deutschen Gerichte zu entscheiden, ob das Internetverbot für Lotto
und Lotterien zur Suchtbekämpfung notwendig sei. Das
Internetvermittlungsverbot für Lotto wird bereits aktuell in
dutzenden deutschen Verfahren angegriffen.
"Ganz gleich, wie der EuGH morgen entscheidet, die Politiker sind
aufgefordert, die Zukunft des deutschen Lottos nicht den Gerichten zu
überlassen, sondern nun selbst zu handeln", so Norman Faber,
Präsident des Deutschen Lottoverbandes. "Die Lotterie-Initiative
staatlicher Veranstalter und privater Vermittler sowie Schleswig-
Holstein haben Vorschläge für eine vernünftige und angemessene
Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes vorgelegt. Diese
Lösungsansätze müssen sachlich und konstruktiv diskutiert werden."
Kernpunkt des Vorschlags der Lotterie-Initiative ist eine
angemessene und gefahrenadäquate Lockerung der Werbung und des
Vertriebs der aktuell überregulierten Lotterien. Durch die massiven
und undifferenzierten Werbe- und Vertriebsbeschränkungen des GlüStV,
wie dem generellen Internetverbot, ist der Umsatz der Lotterien
teilweise um 50% eingebrochen. Infolge dessen verlieren die Länder
bis 2011 voraussichtlich rund 5 Mrd. Euro an Steuern und
Zweckerträgen, die u. a. für die Förderung von Breitensport,
Wohlfahrt und Kultur dringend benötigt werden.
Der Glücksspielexperte Dr. Luca Rebeggiani (Universität Hannover)
prognostiziert in einem bereits veröffentlichten
Wirtschaftsgutachten, basierend u. a. auf Studien der
Markforschungsinstitute ifo, MKW und Goldmedia, dass die Bundesländer
infolge einer solchen Neuregelung von 2012 bis 2016 bis zu 10
Milliarden Euro Netto-Mehreinnahmen aus Lotto, den Klassen- und
Soziallotterien generieren könnten. Dieses entspricht mittelfristig
fast 3 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern, Zweckerträgen und
sonstigen Einnahmen pro Jahr.
Auch verfassungs- und europarechtlich ist die Novellierung des
noch bis Ende 2011 geltenden GlüStV dringend notwendig. Der
Verfassungsrechtler Prof. Dr. Jarass (Universität Münster) kommt in
einem aktuellen rechtswissenschaftlichen Gutachten zum Schluss, dass
die Suchtbegründung für harmlose Lotterien verfassungs- und
gemeinschaftsrechtlich widersprüchlich und angreifbar ist. Es gibt
vielmehr andere Argumente als die Spielsuchtprävention, die das
Lotterie-Veranstaltungsmonopol ausreichend sichern können, ohne dass
die unverhältnismäßigen Restriktionen aufrechterhalten werden müssen.
Ãœber die deutschen Vorlageverfahren:
Insgesamt liegen dem EuGH acht Verfahren von deutschen Gerichten
zur Vorabentscheidung vor. In allen acht Verfahren geht es im
weitesten Sinne um die Vereinbarkeit des deutschen Monopols für
Sportwetten mit europäischem Recht. Für sieben dieser Verfahren hat
der EuGH am 04. März 2010 die Schlussanträge des Generalanwalts
Mengozzi veröffentlicht. In rund 97 Prozent aller Fälle folgen die
Richter des EuGH in ihren Urteilen den Schlussanträgen des
Generalanwalts.
Pressekontakt:
Deutscher Lottoverband
Tel.: 040/ 89 00 39 69
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