Prostatakrebs – Neue Prognose- & Therapieansätze dank TRAIL
Ein vom TRAIL-Protein initiierter Schutzmechanismus des
Körpers ist in Prostatakrebszellen massiv verändert –
gleichzeitig scheint das Protein die Überlebens-Aussichten für
Patienten zu verbessern. Das sind die herausragenden
Ergebnisse einer Kooperation der Arbeitsgruppe Urologische
Tumoren an der Medizinischen Universität Wien und der
Harvard Medical School, USA, die jetzt publiziert wurden. Das
TRAIL-Protein bietet somit sowohl die Möglichkeit, den
Krankheitsverlauf genauer zu prognostizieren, als auch einen
neuen Ansatzpunkt für innovative Therapien bei
fortgeschrittenem Prostatakrebs zu finden.
(firmenpresse) - Auch Krebszellen haben es nicht immer leicht. Denn der Körper
bekämpft sie mit vielfältigen Mechanismen. Das Protein TRAIL
(TNF-related Apoptosis Inducing Ligand) stimuliert einen
besonders komplexen Mechanismus, der mit dem als Apoptosis
bezeichneten Selbstmord einer Tumorzelle endet. Neben TRAIL
beteiligen sich zahlreiche andere Proteine an diesem
Schutzmechanismus des Körpers. Jetzt wurde die Rolle dieser
Proteine beim Prostatakrebs in einem Kooperationsprojekt der
Arbeitsgruppe Urologische Tumoren an der Medizinischen
Universität Wien, der Harvard Medical School, Boston, sowie der
Mount Sinai School of Medicine, New York, genau analysiert –
und dabei überraschendes gefunden.
Ãœberleben dank TRAIL
In diesem umfassenden Projekt wurden Proteinmuster – also die
Häufigkeit bestimmter Proteine – in 200 Prostata-
Gewebeproben untersucht. Dabei verglich die Gruppe Muster
von Prostatakarzinomen mit jenen von gesundem
Prostatagewebe. Die Eindeutigkeit der gefundenen
Unterschiede überraschte sogar den Leiter der Arbeitsgruppe
Urologische Tumoren, Prof. Michael Krainer: "In 99,5 Prozent
aller untersuchten Krebsgewebe deuteten die Proteinmuster
eine reduzierte Aktivität des TRAIL-Reaktionswegs an." Der
Schutz, den TRAIL gegen Tumore bietet, war in diesen
Geweben also geschwächt. Bereits das zeigt die wichtige Rolle,
die TRAIL für die Entwicklung von Prostatakrebs hat. Doch
neben dieser Erkenntnis ragte für das Team auch noch ein
anderes Ergebnis heraus: Mit steigender TRAIL-Konzentration
in der direkten Tumorumgebung steigt das rückfallfreie
Überleben von Patienten an. Ein Effekt, der sich unabhängig
von anderen prognostischen Markern zeigte. Dazu Prof. Krainer:
"Damit kann anhand von Messungen der TRAIL-Konzentration eventuell eine Aussage
über den weiteren Krankheitsverlauf getroffen werden. Zusätzlich bestätigt dieses
Ergebnis noch mal eindrucksvoll den Schutz, den das TRAIL-Protein bieten kann."
Tatsächlich ist es gerade dieser Schutz, den neue
Therapieansätze auf Basis des TRAIL-Proteins nutzen wollen.
So werden derzeit Therapeutika getestet, die den TRAIL-
abhängigen Schutzmechanismus des Körpers aktivieren sollen.
Dass für deren effizienten Einsatz ein tiefgehendes Verständnis
des Reaktionsweges wichtig ist, hat Prof. Krainer in einer viel
beachteten Arbeit im Jahr 2005 bereits für Eierstockkrebs zeigen
können. Er entdeckte zwei Strategien, wie Krebszellen der
vernichtenden Wirkung von TRAIL zu entgehen versuchen.
Damit auch im Prostatakrebs der komplexe TRAIL-
Reaktionsweg besser verstanden wird, analysierte das
internationale Team die Häufigkeit von sechs TRAIL-relevanten
Proteinen in Tumoren und gesundem Gewebe. Neben TRAIL
selber wurden die beiden Rezeptorproteine DR4 und DR5
untersucht, die das TRAIL binden und den Zelltod einleiten.
Zusätzlich wurde die Häufigkeit der beiden weiteren Rezeptoren
DcR1 und DcR2 untersucht, die zwar TRAIL binden, aber nicht
den Zelltod initiieren. Diese als "Decoy-Rezeptoren"
bezeichneten Proteine fangen TRAIL also quasi ab und
schützen die Tumorzelle vor dessen Wirkung. Ein Effekt, der
auch durch das Protein FLIPL erreicht wird, das ebenfalls
untersucht wurde.
Prognose & Therapie
Tatsächlich zeigte diese detaillierte Untersuchung ein
differenziertes Bild des TRAIL-Reaktionsweges. Denn in jenen
99,5 Prozent der Krebsgewebe, die eine reduzierte Aktivität des
Reaktionsweges hatten, war die Ursache dafür durchaus nicht
einheitlich. So waren z. T. weniger DR4 und DR5
nachzuweisen, in anderen Fällen war mehr FLIPL vorhanden.
Und in einigen Zellen waren gar beide Effekte zu erkennen.
Weitere Ergebnisse zeigten eine Korrelation zwischen dem
Verlust der Rezeptoren DR4 und DR5 und dem sogenannten
Gleason-Score – einer histologischen Einordnung des
Veränderungsgrades von Prostatagewebe. Und ein weiteres
Ergebnis zeigte: auch Gewebeproben von Männern über 60
Jahren hatten deutlich weniger Rezeptoren DR4 und DR5.
Mit der Kooperation österreichischer und amerikanischer
Wissenschafter wird die Bedeutung deutlich, die der TRAIL-
Reaktionsweg auch bei Prostatakrebs hat – und dass er eine
Basis für die Vorhersage des Krankheitsverlaufes sowie für
neue Therapien bieten kann.
Originalpublikation: Recurrence Free Survival in Prostate
Cancer is Related to Increased Stromal TRAIL Expression. M.
Anees, P. Horak, A. El-Gazzar, M. Susani, G. Heinze, P. Perco,
M. Loda, R. Lis, M. Krainer, and W. K. Oh. CANCER, September
2010
Wien, 21. September 2010
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