Am 30. September 2010 fand vor dem fĂŒr das Urheberrecht zustĂ€ndigen I. Zivilsenat des BGH die mĂŒndliche Verhandlung in einem Verfahren zu Gebrauchtsoftware statt (Az. I ZR 129/08). Der BGH hat einen Termin zur VerkĂŒndung einer Entscheidung auf den 3. Februar 2011 anberaumt. In dem Verfahren geht es um die Frage, ob der Handel mit âgebrauchtenâ Softwarelizenzen bzw. der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte ohne Zustimmung des Softwareherstellers zulĂ€ssig ist. Ein bekannter Gebrauchtsoftwarehersteller erwirbt âgebrauchteâ Softwarelizenzen, also urheberrechtliche Nutzungsrechte, vom ursprĂŒnglichen Lizenznehmer, der die Lizenzen nicht mehr benötigt, beispielsweise weil er ArbeitsplĂ€tze abgebaut hat, und verkauft diese mit Gewinn an Dritte weiter. Das Oberlandesgericht MĂŒnchen hatte mit Urteil vom 3. Juli 2008 (Az. 6 U 2759/07) entschieden, dass dieser Lizenzhandel eine Verletzung der Urheberrechte eines bekannten US-Softwareherstellers darstellt und damit ein Urteil des Landgerichts MĂŒnchen I vom 15. MĂ€rz 2007 (Az. 7 O 7061/06) bestĂ€tigt.
(firmenpresse) - Der GebrauchtsoftwarehĂ€ndler hatte sein GeschĂ€ftsmodell auf ein Urteil des BGH vom 6. Juli 2000 (Az. I ZR 244/97) gestĂŒtzt. Der BGH hatte damals entschieden, dass Microsoft einem HĂ€ndler nicht verbieten kann, als âOEM-Versionâ gekennzeichnete, unbenutzte, in Folie eingeschweiĂte OriginaldatentrĂ€ger ohne einen neuen PC weiterzuverkaufen. Ob und wenn ja in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der KĂ€ufer dieser OriginaldatentrĂ€ger berechtigt ist, die Software zu installieren und zu nutzen, entschied der BGH damals nicht.
Kunden des GebrauchtsoftwarehĂ€ndlers erhalten jedoch regelmĂ€Ăig keine OriginaldatentrĂ€ger, und der GebrauchtsoftwarehĂ€ndler lĂ€sst sich von den ursprĂŒnglichen Lizenznehmern regelmĂ€Ăig keine OriginaldatentrĂ€ger ĂŒbergeben. Heutzutage wĂ€re in vielen FĂ€llen eine Ăbergabe eines OriginaldatentrĂ€gers zudem schon deshalb nicht möglich, weil viele Lizenznehmer sich die Software ĂŒber das Internet herunterladen â so auch in dem aktuellen BGH-Fall. Der ursprĂŒngliche Lizenznehmer ĂŒbergibt dem GebrauchtsoftwarehĂ€ndler lediglich ein SchriftstĂŒck, in dem er ohne irgendeinen Nachweis behauptet, rechtmĂ€Ăiger Inhaber der Softwarelizenzen zu sein, diese jedoch nicht weiter zu verwenden. Der GebrauchtsoftwarehĂ€ndler gibt dieses SchriftstĂŒck aber nicht an die Kunden weiter, sondern legt es einem Notar vor, der sodann ohne Nennung des Namens des ursprĂŒnglichen Lizenznehmers schriftlich bestĂ€tigt, dass ihm dieses SchriftstĂŒck vorgelegen habe. Die Kunden des GebrauchtsoftwarehĂ€ndlers erhalten lediglich diese notarielle BestĂ€tigung sowie eine selbstgedruckte Lizenzurkunde. Die Software selbst erhalten sie regelmĂ€Ăig nicht vom GebrauchtsoftwarehĂ€ndler, sondern sie mĂŒssen sich die Software anderweitig beschaffen, also kopieren. Die Kunden können daher anhand der Unterlagen, die sie vom GebrauchtsoftwarehĂ€ndler erhalten, nicht nachweisen, dass die Lizenzen ursprĂŒnglich ordnungsgemÀà erworben wurden, wer ursprĂŒnglicher Lizenznehmer war, und dass dieser die Lizenzen tatsĂ€chlich nicht mehr nutzt.
Dieses GeschĂ€ftsmodell unterscheidet sich grundlegend von dem Fall, den der BGH im Jahr 2000 zu entscheiden hatte. Der betreffende GebrauchtsoftwarehĂ€ndler vertreibt keine unbenutzten OriginaldatentrĂ€ger, sondern bloĂe Nutzungsrechte. Nutzungsrechte dĂŒrfen gemÀà § 34 Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers, also des Softwareherstellers, ĂŒbertragen werden. An dieser Zustimmung fehlt es, wenn der Lizenzvertrag wie in dem aktuellen BGH-Fall vorsieht, dass nur nicht ĂŒbertragbare Nutzungsrechte eingerĂ€umt werden. Ob sich aus dem so genannten Erschöpfungsgrundsatz, der in diesem Zusammenhang vielfach zitiert wird, etwas anderes ergibt, wird der BGH am 3. Februar 2011 entscheiden. Nach dem Gesetzeswortlaut rechtfertigt der Erschöpfungsgrundsatz nur die Weitergabe von OriginaldatentrĂ€gern, nicht aber die Weitergabe des Rechts zur Installation der Software auf der Festplatte eines Rechners und des Rechts zur Benutzung der Software. Am 11. Februar 2010 hatte der I. Zivilsenat des BGH entschieden (Az. I ZR 178/08), dass der Erschöpfungsgrundsatz nicht berĂŒhrt ist, wenn ein auf DVD vertriebenes Computerspiel so programmiert wird, dass es erst nach der online erfolgten Zuweisung einer individuellen Kennung genutzt werden kann, und wenn diese Kennung nicht an Dritte weitergegeben werden darf, auch wenn dies zur Folge hat, dass die DVD mit dem Computerspiel praktisch nicht mehr weiterverĂ€uĂert werden kann.
Bis zur VerkĂŒndung der Entscheidung sind die bisherigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte weiterhin maĂgebend, nĂ€mlich das Urteil des OLG MĂŒnchen vom 3. Juli 2008 (Az. 6 U 2759/07) sowie die Entscheidungen des OLG Frankfurt/Main vom 12. Mai 2009 (Az. 11 W 15/09) und vom 22. Juni 2010 (Az. 11 U 13/10) und des OLG DĂŒsseldorf vom 29. Juni 2009 (Az. I-20 U 247/08), die sich der Auffassung des OLG MĂŒnchen in vollem Umfang anschlossen.
âNach dieser Rechtsprechung ist der Handel mit âgebrauchtenâ Softwarelizenzen, mit Lizenz-Keys oder mit rechtmĂ€Ăig selbst hergestellten Sicherungskopien auf DatentrĂ€gern rechtswidrigâ, erlĂ€utert die Vertreterin des Softwareherstellers, RechtsanwĂ€ltin Dr. Truiken Heydn, Partnerin der auf Technologierecht spezialisierten Kanzlei teclegal Habel aus MĂŒnchen, und ergĂ€nzt: âBislang hat sich kein Oberlandesgericht fĂŒr eine Zulassung des Handels mit âgebrauchtenâ Softwarelizenzen ohne Zustimmung des Softwareherstellers ausgesprochen.â
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