(firmenpresse) - Urteil zur Erbschaftssteuer - und was jetzt?
Wie viele sicher den Medien entnommen haben, hat das Bundes-verfassungsgericht am 31.01.2007 seinen Beschluss zur Erbschafts-- und Schenkungssteuer vom 07.11.2006 (1 BvL 10/02) veröffentlicht. Damit ist nun Rechtswirklichkeit geworden, worauf Experten seit langem hinweisen und was der Bundesgesetzgeber seit langem ignoriert: Als Grundlage für die Besteuerung sind alle betroffenen Güter nach dem gleichen Maßstab, nämlich mit dem Verkehrwert (=realistischer Verkaufswert), zumindest mit einem Wert, der diesem möglichst nahe kommt, zu bewerten.
Für Kapitalvermögen, dessen Verkehrswert im wesentlichen (auf dem Bankkonto) "ablesbar", jedenfalls (bei Wertpapieren) leicht ermittelbar ist, ist dies ohne weiteres gegeben. Das Gericht hat jedoch festgestellt, daß die sich nach bisheriger Gesetzeslage ergebende durchschnittliche Bewertung von Grundeigentum mit etwa 70%, von land- und fortstwirtschaftlichem Grundvermögen mit etwa 10 % des Verkehrswertes, nicht dem Verfassungsgebot der Gleichberechtigung (Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes) entspricht. Auch bei der Bewertung von sonstigem Betriebsvermögen verhindert nach den Feststellungen des Gerichts die Übernahme von Steuerbilanzwerten "strukturell" (also schon aus der Natur der Sache grundsätzlich) eine Annäherung an den Verkehrswert, wogegen nichtbilanzierende Personen und Unternehmen von dieser Begünstigung nicht profitieren. Ausnahmsweise erklärt unser höchstes Gericht die Gesetzeslage nicht sofort für nichtig, wodurch ein erbschaftssteuerfreier Raum entstünde, vielmehr gibt es dem Gesetzgeber Zeit zur Umstellung des Bewertungsrechtes bis zum 31.12.2008.
Ausdrücklich wird dem Gesetzgeber das Recht zugestanden, auf der Grundlage zutreffender Bewertung besondere allgemeine Lebenssachverhalte durch besondere "Verschonungsregeln" zu berücksichtigen, insbesondere also z. B. die bisherige Regelung der Freibeträge, Steuerklassen und Steuersätze zu ändern. Allerdings muß all dies freilich seinerseits wiederum verfassungsgemäß sein, insbesondere also dem Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes entsprechen. Es besteht der Verdacht, daß das Bundesverfassungsgericht angesichts bisheriger Leistungen unseres Gesetzgebers gerade in dieser Frage nicht arbeitslos werden wird. Ob und wie weit es zu solchen zusätzlichen Verschonungsregeln kommt, kann niemand vorhersagen.
Auch die zur Zeit in den Medien diskutierte völlige Aufhebung der Erbschaftssteuer dürfte wohl eher nicht zu erwarten sein. Immerhin kennen z.B. folgende europäischen Staaten keine Erbschaftssteuer: Italien, Portugal, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Slowakei und Zypern. In Dänemark und Irland ist jedenfalls der Ehegatte frei von Erbschaftssteuer. Sicher ist heute nur eines: Die Bewertung als solche muß bereinigt werden. Auch hierzu kann nur spekuliert werden, welche Maßnahmen der Gesetzgeber er-/finden wird, den Verkehrswert zuverlässig festzustellen. Niemand kann heute auch sagen, ob und inwieweit einer gesetzlichen Neuregelung Rückwirkung beigelegt wird. Wer nicht spekulieren will und sich ohnehin vor der Entscheidung sieht, Grundeigentum und/oder betriebliches Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen, ist gut beraten, diese Entscheidung nicht aufzuschieben. Allerdings gilt der Satz: Wer
nur zur Steuerersparnis seiner Nachkommen (!) eine Regelung trifft, die er - in allen ihren Auswirkungen sorgfältig bedacht -nicht wirklich ernsthaft will, macht einen Fehler. Man kann also nur zu fundierter steuerlicher und rechtlicher Beratung aufrufen.
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