(ots) - Am Mittwoch ist es aller Voraussicht nach so
weit: Die amerikanische Notenbank Federal Reserve wird die nächste
Runde quantitativer Maßnahmen zur Stützung der US-Konjunktur
einläuten. Im Communiqué nach der Zinssitzung wird die Fed
ankündigen, dass sie nun wieder in großem Umfang am Markt
Staatsanleihen kaufen wird. Damit will sie die Kurse insbesondere bei
den längeren Laufzeiten nach oben treiben und dadurch den Zinssatz,
der beispielsweise für zehnjährige amerikanische Staatspapiere mit
2,6% bereits ziemlich niedrig ist, weiter nach unten bewegen. Das
soll, so hofft jedenfalls Fed-Chairman Ben Bernanke, Investitionen
und den privaten Konsum weiter anheizen.
An den Märkten dürfte die Ankündigung der Fed kurzfristig für
nicht allzu viel Wirbel sorgen. Der steile Verfall des Außenwerts des
Dollars und die Hausse an vielen Aktienmärkten der Welt zeigen, dass
die Fed-Maßnahmen weitgehend eingepreist sein - sofern sie nicht weit
über das erwartete Ausmaß hinaus gehen.
Auf lange Sicht könnten die Maßnahmen der Fed allerdings für die
Volkswirtschaften und die Kapitalmärkte tiefgreifende Folgen haben.
Die Fed öffnet mit ihrer neuerlichen Flutung der Märkte mit
Liquidität erneut die Büchse der Pandora. Die Maßnahmen sind nämlich
mit erheblichen Gefahren verbunden.
Die Geldpolitik der Fed war bereits unter Bernankes Vorgänger Alan
Greenspan expansiv, womit dieser entscheidend zur Hausse der
neunziger Jahre beigetragen hat. Der geldpolitische Kurs Greenspans
hatte allerdings einen unangenehmen Nebeneffekt: Auf den
Kapitalmärkten tummelten sich große Mengen an Überschussliquidität
auf der Suche nach knappen lukrativen Anlagen. Folge davon war die
Technologie-Bubble der Jahrtausendwende. Deren Platzen löste zum
einen eine mehrjährige Baisse aus, zum anderen führte sie zu einer
noch expansiveren Geldpolitik. Greenspans Kurs hat letztlich zu einer
anhaltenden Destabilisierung des Weltfinanzsystems geführt: Bereits
fünf Jahre nach der ersten Krise - dem Platzen der Technologie-Bubble
- folgte die nächste in Gestalt der Subprimekrise, die sich dann zur
Weltfinanz- und Wirtschaftskrise auswuchs.
Und wieder hat die Fed zu der aus ihrer Sicht bewährten Medizin
gegriffen, um die USA von der Rezession zu heilen: Greenspans
Nachfolger Bernanke hat die Märkte im Verlauf der Krise mit der
gigantischen Summe von rund 2 Bill. Dollar geflutet. Dies hat
offensichtlich immer noch nicht ausgereicht: Die US-Konjunktur, die
zunächst durch die inzwischen extrem expansive Geldpolitik angefeuert
wurde, hat inzwischen wieder deutlich an Schwung verloren. Zudem
machen die Spätfolgen der Krise - die Arbeitslosigkeit und die
Zwangsversteigerungen - dem US-Konsumenten schwer zu schaffen. Die
Fed dürfte daher durch die Anleihenkäufe wahrscheinlich rund 500 Mrd.
Dollar, vielleicht aber auch bis zu 1 Bill. Dollar in die Märkte
geben.
Vielen Beobachtern wird angesichts dieser Summen angst und bange.
Bill Gross von der Allianz-Tochter Pimco, einer der bekanntesten und
erfolgreichsten Fondsmanager in den USA, spricht von einem
"Schneeballsystem" der Fed, womit er nicht nur bei seinen
amerikanischen Lesern Gedanken an Anlagebetrüger wie Bernard Madoff
weckt. Gross bezweifelt zudem, dass die Fed-Medizin die gewünschten
Erfolge zeigen wird. Er befürchtet, dass sich die USA längst in einer
Liquiditätsfalle befinden, in der Geldpolitik ihre Wirkung verloren
hat. Statt dessen dürften durch den Kurs der Fed wieder neue Bubbles
entstehen - beispielsweise auf dem Bondmarkt, auf den Rohstoffmärkten
oder auch bei Private Equity. Deren Platzen dürfte weitere Krisen
auslösen, wobei die Staaten nach den bereits geschulterten
Belastungen nicht mehr in der Lage sein werden, die Folgen
abzumildern und einen Kollaps des Weltfinanzsystems zu verhindern.
Der Kern des Problems liegt darin, dass die USA seit langem über
ihre Verhältnisse leben. Wie es scheint, nimmt man in Washington die
genannten Gefahren aber in Kauf, um nicht äußerst schmerzhafte
Korrekturen vornehmen zu müssen, die die USA ihre globale
Führungsrolle kosten könnten.
(Börsen-Zeitung, 30.10.2010)
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