Der Mordprozess gegen Schwester Irene der Berliner Charité brachte ungeheuerliches zutage. Wie oft kommt so etwas in deutschen Kliniken vor, ohne dass Angehörige oder Öffentlichkeit davon erfahren? Bei der Befragung durch das Gericht stellte sich heraus, in der Station war mindestens acht Monate vor Verhaftung der Täterin bekannt, dass diese Patienten geschlagen hatte. Unfassbar: Selbst als in einem Dienstgespräch zwischen zwei Ärzten und der Stationsleiterin der Intensivstation der Kardiologischen Klinik konkret darüber gesprochen wurde, dass man die Schwester des Mordes an Patienten verdächtige, wurde sie nicht vom Dienst suspendiert.
(firmenpresse) - Fünf Tage nach diesem Gespräch brachte Irene B. laut Anklage ihr letztes Opfer, einen 62-jährigen Patienten, mit einer Spritze um. Es handelt sich nicht um einen unbewiesenen Verdacht, auch nicht um eine behauptete Tötung auf Verlangen, sondern um eine von der Angeklagten zugegebene Mordtat. Der schlimmste Skandal hinter den bekanntgewordenen Fakten ist die Tatsache, dass man seitens der Kollegen und Vorgesetzten offenbar monatelang nicht reagiert hat, im Gegenteil sagte eine Zeugin vor Gericht aus, sie habe gehört, die „Sache soll unter den Teppich gekehrt werden, um keine schlafenden Hunde zu wecken.“ Das ist offenbar gelungen. In den acht Monaten seit März als die erste Straftat bekannt wurde, bis zu ihrer Verhaftung am 4. Oktober 2006 hat die Krankenschwester laut Anklage sechs Menschen ermordet und in zwei weiteren Fällen hat sie es versucht.
Nicht nur die aus welchen dunklen Motiven heraus handelnde Angeklagte steht hier vor Gericht, sondern auch ein System, das nicht für wahr hält, was nicht sein darf. Wer hier nicht rechtzeitig massiv eingriff, hat Menschenleben gefährdet und Vertrauen zerstört und damit unserem Gesundheitssystem einen schlimmen Bärendienst erwiesen.
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