München. „Wer Geld hat und ist dumm, kauft ein altes Haus und baut es um“, lautet ein Sprichwort. Besitzer älterer Häuser sollten vor einer Sanierung genau prüfen, ob ein Neubau nicht preiswerter ist. Denn oft müssen bei einem Altbau nicht nur Fassade und Dach modernisiert werden, sondern auch Wasser- und Heizungsrohre, Heizkörper, Elektroleitungen sowie Sanitäranlagen. Dr.-Ing. Ulrich Scholz und Dipl.-Ing.(FH) Alexander Lyssoudis von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau erklären, unter welchen Voraussetzungen und Umständen eine Sanierung sinnvoll ist und wann ein Abriss mit einem anschließenden Neubau finanziell die bessere Lösung wäre.
(firmenpresse) - Käufer älterer Immobilien planen häufig eine Gebäudesanierung, um zum Beispiel Raumaufteilung und technische Ausrüstung an ihre Bedürfnisse anzupassen. Doch lohnt sich eine Sanierung überhaupt oder wäre ein Abriss mit anschließendem Neubau nicht die bessere und kostengünstigere Alternative? „Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten, das hängt vom Einzelfall ab“, so Scholz. Die Entscheidung könne nur nach einer umfassenden Untersuchung des Gebäudes getroffen werden. „Dabei sollen die Gebäudehülle mit Fenstern, Außenwänden, Dach und Bodenplatte genauso kritisch unter die Lupe genommen werden, wie die Haustechnik innerhalb des Gebäudes“, ergänzt Lyssoudis.
Argumente für einen Neubau
Grundsätzlich gilt: Je mehr Veränderungen an einem Gebäude erforderlich sind, besonders am Rohbau und statisch relevanten Bauteilen, desto eher können die Sanierungskosten die Neubaukosten übersteigen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein bisheriges Wohnhaus künftig als Bürogebäude genutzt werden soll. Die beiden Bauexperten erläutern zunächst die Argumente, die für einen Neubau sprechen: „Bei einem Altbau ist es schwer eine Lüftung nachzurüsten, wenn dafür keine Schächte vorgesehen sind“, berichtet Scholz aus langjähriger Erfahrung. „Und bei einem Denkmalgebäude kann ich nicht einfach außen eine Wärmedämmung anbringen.“ Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel sagt der Bauexperte: „Eine Anpassung an altersgerechtes Wohnen ist bei Altbauten mit engen Treppenhäusern und Türen fast unmöglich.“
Auch das Alter der haustechnischen Anlage spielt bei der Entscheidung eine wesentliche Rolle. Dabei geht es nicht nur um die Heizungsanlage. „Beispielsweise sind alte Rohrleitungen in der Trinkwasserinstallation aus hygienisch bedenklichen Werkstoffen heute oft ein Grund, die zentrale Wasserversorgung gegen eine nach dem heutigen Stand der Technik auszutauschen“, sagt Lyssoudis. Hier sei der finanzielle Aufwand häufig mit dem eines neuen Gebäudes vergleichbar oder sogar noch größer.
Die meisten Käufer von Altbauten lockt ein relativ niedriger Preis, der oft schon dem Grundstückswert entspricht. Doch Scholz warnt: „Laien unterschätzen häufig die Sanierungskosten.“ So reizvoll Altbauten auch sein können, sie werden modernen Bedürfnissen nach komfortablen Wohnen oft nicht mehr gerecht. Und das nicht nur wegen der in der Regel kleinen Wohnfläche und der veralteten Haustechnik.
Rund 83 Prozent der sogenannten Bestandsgebäude sind aus heutiger Sicht nicht energieeffizient und gelten als unwirtschaftlich. „Besonders bei solchen Gebäudearten ist der Bestandsersatzbau eine echte wirtschaftliche Alternative“, so Lyssoudis. Das betreffe erfahrungsgemäß vor allem alle bis 1978 errichteten Wohngebäude. Bei Nichtwohngebäuden, also etwa Fabrikhallen oder Lagerräumen sei die Situation sogar noch schlechter.
Ein weiteres Argument, das für einen Neubau spricht: Nicht selten sind bei Altbauten die Baupläne verloren gegangen. Dann bleibt den Eigentümern nichts anderes übrig, als neue Pläne anfertigen zu lassen. Die Erstellung von Bestandsplänen mit statischer Untersuchung kostet laut Scholz, abhängig vom Wert der Immobilie, rund 20.000 Euro für ein Einfamilienhaus.
Gegen einen Neubau sprechen die mitunter hohen Abrisskosten für die bestehende Immobilie. In der Regel fallen dafür tatsächlich mehrere tausend Euro an. Dann aber kann der Bauherr laut Lyssoudis sein Traumhaus verwirklichen. Für einen Neubau gebe es viele gute Gründe: „Zum Beispiel eine optimale und modernere Raumaufteilung, eine energiesparende Gebäudehülle und eine lange Sanierungspause, weil auch die technischen Anlagen neu sind“, fasst Lyssoudis zusammen. Für einen Neubau spreche auch die höhere Kostensicherheit im Vergleich zur Sanierung.
Auch wenn auf den ersten Blick viele gute Argumente für einen Neubau sprechen, rät Scholz zur Vorsicht. Denn mitunter haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Möglicherweise darf das Grundstück nicht mehr so genutzt werden wie bisher: „Es könnte zum Beispiel einen Bebauungsplan geben, der ein Geschoss weniger vorsieht“, erklärt Scholz.
Argumente für eine Sanierung
Oft kann laut Scholz auch eine Sanierung die bessere Lösung sein: „Wenn das Gebäude gut in Schuss ist und es beispielsweise nur um eine vergrößerte Türöffnung oder neue Fenster geht, ist natürlich eine Sanierung billiger.“ Und wenn zum Beispiel das Objekt unter Denkmalschutz steht, kann die steuerliche Vergünstigung und sonstige Förderung aus der Städtebauförderung den Ausschlag für die Renovierung geben.
Aus langjähriger Erfahrung empfehlen Scholz und Lyssoudis dringend die Unterstützung durch einen Fachmann. Ansonsten kann der vermeintlich günstige Altbau für den Käufer zu einer teuren Überraschung werden. Wegen der Vielzahl der Themen ist für eine solche Unterstützung ein erfahrener Ingenieur oder auch ein Architekt mit Zusatzausbildung zum Energieberater hilfreich. Ein Energieberater erklärt, wie sich langfristig Kosten und Nutzen je nach Vorhaben entwickeln werden. „Der Rat und die Unterstützung durch einen Fachmann sollte noch vor dem Kauf, auf jeden Fall aber vor Beginn der Maßnahmen erfolgen“, so Scholz.
Fazit: „Man sollte für die Sanierung nicht mehr ausgeben, als man beim Wiederverkauf erzielen würde“, sagt Scholz. Und für Sanierung und Neubau gilt: Je mehr der Bauherr auf Energieeinsparung setzt, desto mehr Fördergelder kann er vom Staat bekommen.
Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau mit Sitz in München vertritt die beruflichen Belange ihrer mehr als 5.800 Mitglieder. Dabei handelt es sich um Ingenieure aus dem Bauwesen. Zu den wesentlichen Aufgaben der Kammer gehören die Beratung der Mitglieder, der Schutz der beruflichen Belange, die Überwachung der Erfüllung der beruflichen Pflichten, die Förderung der Baukultur, Wissenschaft und Technik sowie die Stärkung der Eigenverantwortung, Unabhängigkeit und Fachkompetenz. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau wurde 1990 durch ein Gesetz des Bayerischen Landtages als „Große Kammer“ für alle Ingenieure gegründet und ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts. Aufsichtsbehörde ist das Bayerische Staatsministerium des Innern.