(ots) - In den vergangenen Jahren mussten in den
öffentlichen Haushalten tiefgreifende Einschnitte in der Finanz- und
Haushaltsplanung vorgenommen werden. Das jährliche Symposium des
Bundesverbandes öffentliche Dienstleistungen (BVÖD) nahm diese
Situation zum Anlass, um die "Öffentliche Aufgabenerfüllung vor dem
Hintergrund von Haushaltsnotlagen" zusammen mit Unternehmens- und
Gemeindevertretern und Vertretern der Wissenschaft heute im dbb forum
in Berlin zu diskutieren.
So sanken allein die Einkünfte aus der Gewerbesteuer 2009 laut
Statistischem Bundesamt um knapp 20 Prozent. Die wegbrechenden
Steuereinnahmen verschärfen die ohnehin angespannte Finanzlage für
die Gemeinden und Kommunen in Deutschland. Gleichzeitig steigende
Ausgaben bescheren vielen Gemeinden ein Rekorddefizit, das sich 2009
deutschlandweit auf 7,1 Milliarden Euro summiert.
Hans-Joachim Reck, Präsident des BVÖD, verwies in seiner
Eröffnungsrede auf die zu erwartenden Auswirkungen der
Haushaltskonsolidierungen auf die öffentlichen Unternehmen. Zwar sei
die Privatisierungseuphorie mittlerweile vorbei, aber "die Notlage
vieler öffentlicher Haushalte könnte die Debatte um den Verkauf des
Tafelsilbers in vielen Kommunen wieder neu anfachen", betonte Reck.
Verkäufe eigener Unternehmen brächten den Rathäusern aber nur einen
kurzfristigen Vorteil, indem schnelles Geld in die leeren Kassen
fließe. Dem gegenüber stünden langfristige Nachteile, weil die
Kommunen ihre Hoheit über wichtige Infrastrukturen verlören, sagte
der BVÖD-Präsident. Er stellte klar, dass öffentliche Unternehmen oft
die einzigen lukrativen Einnahmequellen für kommunale Haushalte
seien. Insofern sei es auch nur konsequent, wenn beispielsweise
derzeit im Energiebereich Stadtwerke neu gegründet werden oder
Stadtwerke durch neu gewonnene Konzessionsverträge ihre
Geschäftsfelder ausweiten. Reck betonte zudem das hohe Vertrauen der
Bürger in öffentliche Unternehmen, das durch die Erfahrungen der
Wirtschaftskrise noch verstärkt werde: "Die Menschen wenden sich
dorthin, wo sie selbst etwas bewegen können. Das ist die kommunale
Ebene und die kommunale Wirtschaft". Diese Einschätzung teilte auch
Heinz Ossenkamp, Bundesvorsitzender der komba Gewerkschaft. 77
Prozent der Bürger wünschen sich öffentliche Dienstleistungen und
Unternehmen als Teil eines verlässlichen Staates, wie eine von der
Gewerkschaft in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage zeige. "Dies ist eine
unverkennbare Renaissance der öffentlichen Wirtschaft", unterstrich
Ossenkamp.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
(DStGB), Dr. Gerd Landsberg, sprach in seinem Vortrag die aktive
Mitgestaltung von Bürgern gerade bei öffentlichen Großprojekten an.
"Die Lösung lautet nicht, noch mehr Basisdemokratie und Abstimmungen,
sondern transparente Prozesse. Das ist eine Bringschuld des Staates."
Landsberg forderte, dass zukünftig die Kosten für
Informationskampagnen in die Planung miteingerechnet und
Planungsunterlagen rechtzeitig offengelegt werden sollten. "Die
begleitende Aufklärungs- und Informationsarbeit darf nicht erst
beginnen, wenn die Bagger fahren, sondern sollte schon vor den ersten
Planungen einsetzen, und den gesamten Prozess begleiten." Die
Beteiligung der Bürger dürfe nicht als Belästigung, sondern müsse als
Chance für weniger Politikverdrossenheit begriffen werden, forderte
der Hauptgeschäftsführer des DStGB.
Prof. Dr. Thomas Lenk von der Universität Leipzig betonte, dass
neben den finanzpolitischen Herausforderungen auch die demographische
Entwicklung erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
habe. Zudem stelle der von der Europäischen Union fokussierte
Binnenwettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Anbietern eine
zusätzliche Herausforderung für die Kommunen dar, ihren Auftrag zur
Daseinsvorsorge finanziell zu gestalten.
Pressekontakt:
Bundesverband öffentliche Dienstleistungen (BVÖD)
Inge Reichert, Geschäftsführerin
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