(ots) - Sensationslust und Wahrheitssuche
Nichts ist erregender als die Wahrheit. Getreu diesem Motto macht
die Internetplattform Wikileaks zum wiederholten Mal Schlagzeilen.
Die Enthüllungen sind ohne Frage spannend. Einen solch direkten Blick
hinter die Kulissen der US-Diplomatie gab es bislang noch nie.
Zu fragen bleibt aber, ob Wikileaks tatsächlich dem hohen Anspruch
gerecht wird, Missstände aufzudecken. Hinweise auf üblen Umgang mit
Gefangenen in Guantánamo oder umstrittene Luftangriffe im Irak
gehören zweifellos ans Licht der Öffentlichkeit. Wenn nun aber
persönliche Einschätzungen amerikanischer Diplomaten über Politiker
anderer Länder ins Netz gestellt werden, dann dient dies erkennbar
auch der Befriedigung von Sensationslust und Voyeurismus. Und es
schadet dem Ansehen sowohl des Urhebers als auch des Geschmähten. Der
Erkenntniswert hält sich dagegen in Grenzen.
Hinzu kommt: Wikileaks lässt seine Quellen quasi wahllos sprudeln.
Die Einordnung müssen andere vornehmen. Noch schlimmer aber:
Persönlichkeitsrechte, die in seriösen Medien geschützt werden,
geraten bei der Publikation nach Art von Wikileaks in Gefahr.
Besorgt stimmt freilich auch, welche Berichtskultur US-Botschaften
entwickelt haben. Einen Spitzenpolitiker wie Wladimir Putin als Rüden
zu bezeichnen, ist eine Unverschämtheit. Und es erstaunt, wie
offenbar leichtfertig solche Einschätzungen rund um den Globus
verschickt worden sind.
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