(ots) - Radikal falsch
In den romantischen Alpen mit ihren berühmten klaren Bergseen und
der noch klareren Luft wurde klar und deutlich abgestimmt: Mehr als
die Hälfte der Schweizer sind dafür, kriminelle Ausländer automatisch
"auszuschaffen" - ohne Einzelfallprüfung und juristisches Verfahren,
quasi ohne mit der Wimper zu zucken.
Droht den Abschiebe-Kandidaten Folter in der Heimat? Zählt
offenbar nicht. Verstößt die Abstimmung gegen Völkerrecht, gar gegen
Menschenrechte? Ist zweitrangig. Die Schweizer haben sich mit dem
Referendum keinen Gefallen getan; es beschert dem Volk nicht gerade
einen Ruf von Weltoffenheit.
Und dennoch: In Europa stehen die Schweizer beileibe nicht allein
da. Das verschärfte Ausländerrecht scheint im Gegenteil derzeit auf
fatale Weise in Mode zu sein. Frankreich, das unlängst mit der
unseligen Ausweisung von Roma für Aufsehen sorgte, war nur der
Anfang.
Das Thema Ausländer gäre in der Bevölkerung, und nur die
Schweizerische Volkspartei habe mit ihrer Kampagne den Nerv
getroffen, frohlockte die Partei. Sie liegt falsch. Zwar ist ein Nerv
getroffen. Dies aber legt auch einen peinlich wunden Punkt offen:
Einwanderung war zu lange kein Thema, in Europa wurde asylpolitisch
für lange Zeit viel zu kurz gedacht. Das rächt sich jetzt. In ihrer
Hilflosigkeit rufen die Bürger nach einer radikalen Lösung - aber
gerade Radikalität ist keine.
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