(ots) - Verdacht ohne Beweise
Der Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange erinnert an die
sogenannte Kießling-Affäre in den 80er-Jahren. Der deutsche
Vier-Sterne-General und stellvertretende NATO-Oberbefehlshaber
Günther Kießling musste seinen Posten räumen, weil er - ohne Beweise
- als homosexuell bezeichnet wurde. Erst nach seiner Entlassung
stellte sich diese Behauptung als falsch heraus. Wer diese Lüge in
die Welt setzte, konnte nie zweifelsfrei geklärt werden. Aber der
Initiator hatte offensichtlich sein Ziel erreicht: Sein Opfer war
zerstört.
Nachdem Assange mit seinen Veröffentlichungen die mächtigsten
Männer der Welt gegen sich aufgebracht hat, liegen Parallelen zur
Kießling-Affäre nahe: Es geht bei den Vergewaltigungsvorwürfen gegen
Assange ebenfalls um einen Verdacht, der kaum beweisbar ist und
schwere Schäden verursachen kann. Ob berechtigt oder nicht: Die
Anschuldigungen sind geeignet, Wikileaks zu vernichten. Das liegt
daran, dass die umstrittene Internet-Plattform ausschließlich auf den
Schultern ihres Gründers aufgebaut wurde. Assange soll einen
autoritären Führungsstil pflegen und niemanden neben sich dulden.
Diese Eitelkeit hätte er als Gefahr für seine Firma erkennen und
Vorkehrungen treffen müssen - bevor er sich in die Schusslinie der
Mächtigen wagte. Sind die Vorwürfe gegen Assange ebenso folgenreich
wie im Fall Kießling, könnte die jüngste Wikileaks-Enthüllung auch
deren letzte gewesen sein.
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