(ots) - Die Vorträge des vierten Forums für
Palliativmedizin zu den Themen Selbstbestimmung und Lebensgestaltung
am Lebensende zeigten deutlich: Ãœber das Sterben zu entscheiden, ist
nicht Teil und Verantwortung der Palliativmedizin. Für
Palliativmediziner ist der Tod keine Therapieoption.
Die Experten aus Praxis und Wissenschaft haben das
wissenschaftliche Forum für Palliativmedizin in Berlin zum Anlass
genommen, sich erneut für eine qualitativ hochwertige,
flächendeckende Versorgung am Lebensende auszusprechen. Der
palliativmedizinische Ansatz ist an Lebensqualität, Lebenssinn und
Lebenswert orientiert und soll den Schwerstkranken die Möglichkeit
geben, selbstbestimmt und in Würde vom Leben Abschied zu nehmen. Die
Frage des würdigen Sterbens als medizinische Herausforderung
anzunehmen sei ein Grundanliegen der modernen Palliativmedizin. Die
Palliativmediziner lehnen Sterbehilfe und assistierten Suizid
grundsätzlich ab: "Der Tod ist keine Therapieoption. Über das Sterben
zu entscheiden, ist nicht Teil und Verantwortung der
Palliativmedizin."
Palliativmedizin ist so vielfältig wie das Leben - so lassen sich
die Beiträge der zweitägigen wissenschaftlichen Fortbildung
zusammenfassen, die sich mit Themen wie Weltanschauung,
Spiritualität, Selbstsorge, aber auch den Ansatz der
patientenorientierten Schmerztherapie sowie Herausforderungen im
Bereich der Krankenpflege und zukünftiger Versorgungsstrukturen
befassten. "Gerade in Zeiten, in denen die Diskussion über die
Finanzierung von Palliativversorgung im Vordergrund steht, halten wir
die im diesjährigen Forum zur Geltung kommenden Themen in ihrer
multiprofessionellen und multidisziplinären Darstellung zu Inhalten
und Qualität von Palliative Care für ausgesprochen wichtig",
beschreibt der wissenschaftliche Leiter des Symposiums, Professor
Friedemann Nauck - seit September auch Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Palliativmedizin - seinen Programmansatz. "Die
Diskussion um aktive Sterbehilfe, Beschleunigung des Todes und das
Verhältnis der Palliativmedizin zu diesen Fragen wird immer wieder
diskutiert", sagte Nauck bei der Einführung zu diesem Themenblock.
Seiner Meinung nach beschreibe es die schwierige Situation, die sich
im Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen ergebe.
Außerdem lege es offen, dass die Öffentlichkeit immer noch nicht
genau wisse, welche Möglichkeiten Palliativmedizin in der Begleitung
schwerstkranker und sterbender Menschen haben könne. Untersuchungen
zeigten, dass der Wunsch zu sterben, vielfach einher gehe mit dem
Verlust von Selbstbestimmung und Würde sowie mangelnder
Symptomkontrolle. Gerade die Symptombehandlung sei aber ein
wesentlicher Teil der täglichen Arbeit immer mit Blick auf die
Lebensqualität. Palliativmedizinische Behandlung sei nicht auf
Lebensverlängerung um jeden Preis ausgerichtet. Das führe immer
wieder in der öffentlichen Diskussion zu Fehlinterpretationen. Dabei
habe eine aktuelle amerikanische Studie gerade gezeigt: Patienten mit
fortgeschrittenem Lungenkrebs, die begleitend palliativmedizinisch
betreut wurden, hatten eine höhere Lebensqualität, weniger depressive
Episoden, erhielten weniger Therapieinterventionen und lebten
durchschnittlich drei Monate länger, betonte Nauck.
Auch der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Palliativmedizin, Professor Christof Müller-Busch, verwies in seinem
Vortrag auf die Möglichkeiten, die Palliativmedizin biete. Allerdings
müssten auch die Palliativmediziner sich der standesethischen
Diskussion und der unterschiedlichen Herangehensweise in Europa
stellen. Müller-Busch warnte vor dem Glauben, eine erweiterte
rechtliche Regelung zum ärztlich assistierten Suizid als Garant für
ein würdigeres Sterben anzusehen. Einer Nachfrage nach Beihilfe zum
Suizid sei mit ungeheurem Respekt zu begegnen. Das gesellschaftliche
Ziel müsse in der Suizidprävention liegen. "Gespräche mit dem
Patienten über sein Sterben und Tod sind unerlässlich, um Patienten
die Angst zu nehmen, vor dem, was passiert." Diese Form der
Begleitung müsse finanziell auch in der Hausarztversorgung
abgesichert werden.
Der Begriff Palliativmedizin beinhaltet die qualitätsorientierte
Versorgung Schwerkranker und Sterbender. Es schließt eine besondere
Haltung gegenüber den Patienten sowie ihren Angehörigen ein. Im
Mittelpunkt steht der Mensch mit seinen Wünschen und die gemeinsam
mit dem Behandlungsteam zu treffenden Behandlungsziele. Die bei sehr
schweren Krankheitsverläufen besonders bedeutsamen, ethischen
Fragestellungen - wie Fragen zur aktiven Sterbehilfe oder dem
assistierten Suizid - fordern Kranke, Angehörige und das
Betreuungsteam gleichermaßen heraus. Palliativmediziner engagieren
sich seit Jahren dafür, dass die Behandlungsqualität in der Umsetzung
der Verträge zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung
(SAPV) flächendeckend umgesetzt werden. Dazu gehört nicht nur eine
gute Aus-, Fort und Weiterbildung und ein wohl reflektiertes
Engagement aller Haupt- und Ehrenamtlichen, sondern auch das
konstruktive Gespräch und Zeit für die Patienten und Angehörigen.
Nauck: "Das Lebensende gestalten, heißt sich Zeit nehmen und Zeit
geben."
Das Forum für Palliativmedizin fand in diesem Jahr zum vierten Mal
vom 12. bis 13. November im Langenbeck Virchow-Haus in Berlin statt.
Trotz der hohen Teilnehmerzahl von 500 zeichnete sich die
Veranstaltung durch ihren persönlichen Charakter aus. Die
Veranstaltung wird gemeinsam von der Aesculap Akademie und der
Universitätsmedizin Göttingen ausgerichtet und von der Gesellschaft
für Palliativmedizin unterstützt.
Weitere Informationen erhalten Sie über:
Organisation:
AESCULAP AKADEMIE GMBH
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Telefon +49 7461 95-2777
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