(ots) - Ein Bayer in Prag
Dieser Besuch in Prag war zwar überfällig, ist aber dennoch in
seiner Bedeutung historisch: Als erster bayerischer Ministerpräsident
springt Horst Seehofer über den langen Schatten der Vergangenheit und
wagt zusammen mit dem tschechischen Premier Petr Necas den Neuanfang
der seit dem Zweiten Weltkrieg belasteten Beziehungen der
Grenznachbarn.
Ohne Störgeräusche, Hysterie und Kritik ging das Treffen über die
Bühne. Sogar der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe durfte
mitfahren. Vor einigen Jahren wäre dies in Prag noch als Affront
verstanden worden. Doch Taktiker Seehofer hatte bereits im Vorfeld
bei einem geheim gehaltenen Dinner mit Necas das Eis gebrochen.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit: 20 Jahre nach den ersten
freien Wahlen in der damaligen Tschechoslowakei und sechs Jahre nach
dem EU-Beitritt Tschechiens leben die Menschen in Böhmen und Bayern
bereits eine normale Nachbarschaft auf persönlicher, kultureller und
wirtschaftlicher Ebene. Nur die Politik hinkte anachronistisch
hinterher.
Der alte Streit um die Benes-Dekrete und die damit verbundene
Vertreibung von drei Millionen Sudetendeutschen aus der
Tschechoslowakei ist zwar nicht aus der Welt. Doch dieses Kapitel
steht nicht mehr im Vordergrund, zumal Vertrauen und Versöhnungswille
zur Aufarbeitung der Geschichte vorhanden sind.
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