(ots) - Sonntag, 6. Februar 2011 (Woche 6)/30.12.2010
10.30Menschen unter uns
Rebellen gegen Rom Die Piusbrüder
Abtrünnig und stolz, so sehen sich die Piusbrüder selbst. Sie
verstehen sich als die einzig rechtgläubigen Katholiken. Für die 1970
gegründete Vereinigung traditionalistischer Priester hat der Vatikan
mit dem von Papst Johannes XXIII. zu Beginn der sechziger Jahre
einberufenen Konzil eine Anpassung an die moderne Zeit vollzogen, die
sie nicht mitmachen wollen.
Die nach dem konservativen Papst Pius X. benannte Bruderschaft
lehnt alle kirchlichen Reformen und Erneuerungen der letzten
Jahrzehnte strikt ab. Rom und der Weltkirche werfen sie Verrat an
einer jahrtausendealten Tradition vor. Dem Papst verweigern sie den
Gehorsam, ökumenische Annäherung, die evangelische und katholische
Christen einander näher bringt, ist für sie eine sündhafte Verirrung.
Kurzum: Die Piusbrüder sind gegen alles, was den meisten Katholiken
in Deutschland wichtig ist. Doch einer breiten Öffentlichkeit wurden
die Piusbrüder erst bekannt, als Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 die
Exkommunikation von vier ihrer Bischöfe aufhob und dabei übersah,
dass einer von ihnen, der Brite Richard Williamson, den Mord an
Millionen von Juden öffentlich leugnete. Inzwischen ist er in
Deutschland wegen Volksverhetzung angeklagt: für einen Bischof ein
bisher einmaliger Vorgang!
Günther B. Ginzels Dokumentation eröffnet verstörende Einblicke in
eine Organisation, die sich der Öffentlichkeit gegenüber bisher sehr
verschlossen zeigte. Dem SWR-Autor und seinem Team gestatteten die
Piusbrüder erstmals Dreharbeiten in ihrer von der weltlichen
Gegenwart stark abgeschotteten Welt. Ginzel geht dabei unter anderem
den Fragen nach: Wer sind diese Piusbrüder? Welche Theologie
vertreten sie? Wie bilden sie ihre Kinder und Priester aus? Wie ist
es für junge Menschen, in einer so eingeschworenen Gemeinschaft zu
leben?
Der Film "Rebellen gegen Rom" begleitet mehrere Wochen lang eine
junge Schülerin und den angehenden Priester Elias Stolz bis zu dessen
Priesterweihe. In Hauptsitz der Priesterbruderschaft, in Menzingen im
schweizerischen Kanton Zug, spricht außerdem der Pius-Generalobere
Bischof Bernard Fellay Klartext über die Vorstellungen der
Bruderschaft: Trotz der laufenden Verhandlungen über Wiederannäherung
kritisiert er den Vatikan überraschend scharf und lehnt den Dialog
mit den evangelischen Kirchen kompromisslos ab.
Donnerstag, 10. Februar 2011 (Woche 6)/30.12.2010
23.45Literatur im Foyer
Thea Dorn im Gespräch mit Kurt Flasch
Das Abenteuer, Gott zu denken
Kurt Flasch: Was ist Gott? Das Buch der 24 Philosophen.
Es ist ein Klassiker des mittelalterlichen Denkens, es ist
Theologie mit den Mitteln der Philosophie, es ist der Versuch, einer
unlösbaren Frage eine gültige Antwort zu geben. 24 Denker versuchen
zu ergründen: Was ist Gott? Was kann man wissen?
Und wer wäre besser geeignet, dieses besondere Buch herauszugeben
und zu kommentieren, seine Sprengkraft zu erkennen, seine
Wirkungsgeschichte zu erzählen als der Philosoph und
Ideengeschichtler Kurt Flasch? Er weiß, dass Philosophie eine
Geschichte hat, dass das menschliche Denken erst in existenziellen
Auseinandersetzungen zur großen Form aufläuft. Wahrer Philosophie
geht es ums Ganze. Das gilt für den Augenblick ihres Entstehens, aber
auch, das zeigt Kurt Flasch, für diejenigen, die die alten Texte
wieder lesen. Philosophiegeschichte schreiben, das heißt Stellung
nehmen, Position beziehen, philosophieren.
Kurt Flasch schaut den großen Denkern beim Verfassen ihrer
Gedanken zu. Denken hat seinen Grund in Leidenschaft, das kann man
bei ihm lernen. Sein Schwerpunkt ist die Zeit des Mittelalters, es
ist die Zeit, als die Philosophie Latein sprach und sich als Magd der
Philosophie verdingte. Kurt Flasch befreit die Philosophie aus ihrem
theologischen Gehäuse, indem er ihren philosophischen Kern freilegt.
Sonntag, 20. Februar 2011 (Woche 8)/30.12.2010
10.30Menschen unter uns
Alzheimer ohne Scham Ein Mann stellt sich seiner Krankheit
In Deutschland leben derzeit mehr als eine Million demenzkranke
Menschen, die überwiegende Mehrheit von ihnen mit der Diagnose
"Alzheimer". Nur die wenigsten sind bereit, öffentlich darüber zu
sprechen. Demenz gilt immer noch als Stigma. Die Scham vor dem
eigenen Gedächtnisverlust lässt viele Betroffene verstummen. Der
Münchener Christian Zimmermann will mit nicht einmal 60 Jahren nicht
in der gesellschaftlichen Demenz-Nische verschwinden. Vor über zwei
Jahren wurde Alzheimer bei ihm diagnostiziert. Als einer von ganz
wenigen in Deutschland macht er seine Krankheit öffentlich, offenbart
sich auch gegenüber den Massenmedien. In und durch die
Alzheimer-Erkrankung lernt er neue Seiten an sich kennen, er traut
sich als Laiendarsteller erstmals in seinem Leben auf die Bühne und
bannt seine Krankheit malend auf die Leinwand, gibt dem Alzheimer ein
Gesicht, versucht den Alzheimer zu überlisten, wie er sagt. Er will
den Betroffenen Mut zusprechen: Ein sinnvolles Leben mit Alzheimer
ist möglich!
Pressekontakt: Georg Brandl, Telefon 07221/929-2285, E-Mail:
georg.brandl(at)swr.de