(ots) - Sie wollen Veränderung
Jetzt kann Staatspräsident Ben Ali nicht mehr so tun, als wäre
nichts: Die Unruhen sind bei ihm vor der Haustür angekommen.
Innerhalb weniger Wochen haben sich die Proteste gegen mangelnde
Zukunftsperspektiven für die Jugend gesteigert zu Protesten gegen
einen Staat, der sein Volk unterdrückt.
Das weiß auch der Staatschef. Seine nervösen Reaktionen zeugen
davon, dass ihn die Ereignisse überrascht haben, dass er sich
verschätzt hat. Offenbar hat er sich zu lange sicher gewähnt, ist
betriebsblind geworden in seinem Reich, in dem ihm seit 23 Jahren
kaum jemand widersprochen hat. Noch ist völlig unklar, wohin Tunesien
in diesen Tagen steuert. Es besteht die Gefahr eines Bürgerkriegs,
wenn die Energie der Protestler anhält und Ben Ali das Militär
zuschlagen lässt.
Die aufgeheizte Stimmung zeigt, dass die Ruhe, die auch Europa
sich von Tunesien wünscht, nicht mehr so billig zu haben sein wird
wie bisher. Wenn die Tunesier ihre Unterdrückung abschütteln wollen,
sollten sie von Frankreich, ihrer einstigen Kolonialmacht,
unterstützt werden. Dass Paris - und damit ist es im Westen sicher
nicht allein - in Tunis lieber einen Diktator sieht als islamistische
Fanatiker, ist bekannt. Doch die Tunesier dürfen hierfür nicht als
Puffer missbraucht werden. Sie wollen Veränderung. Dass die
gleichbedeutend mit religiöser Radikalisierung sein soll, ist
keineswegs gesagt.
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