PresseKat - Ausschreitungen in Tunesien: EU und UNO müssen Druck auf tunesische Regierung erhöhen

Ausschreitungen in Tunesien: EU und UNO müssen Druck auf tunesische Regierung erhöhen

ID: 328730

(ots) - Gemeinsam mit vier weiteren
Menschenrechtsorganisationen verurteilt Reporter ohne Grenzen (ROG)
die Niederschlagung der Protestbewegung in Tunesien. Gleichzeitig
fordern ROG, das "Euro-Mediterranean Human Rights Network" (EMHRN),
die "International Federation for Human Rights" (FIDH), die "World
Organisation Against Torture" (OMCT) und das "Cairo Institute for
Human Rights Studies" (CIHRS) die Europäische Union und die Vereinten
Nationen zu einer nachdrücklichen Reaktion auf die Gewalt auf.

Die dramatische Entwicklung in dem nordafrikanischen Land sei
höchst besorgniserregend, so die Nichtregierungsorganisationen. Dort
fände eine gewalttätige und blindwütige Unterdrückung einer breiten
Protestbewegung statt, die soziale Ungerechtigkeit, Korruption sowie
die Verweigerung von Grundfreiheiten anprangert. In einem
Forderungskatalog verlangt das NGO-Bündnis unter anderem die
Aussetzung der derzeitigen Verhandlungen der EU mit Tunesien über
eine Ausweitung der gemeinsamen Partnerschaft im Rahmen der
Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP).

Die Organisationen verurteilen mit großer Entschiedenheit die
schweren, unverhältnismäßigen und systematischen Verstöße gegen die
Menschenrechte bei der Unterdrückung der Proteste. Die Gruppe
kritisiert insbesondere die Anwendung von Waffengewalt durch
Polizeieinheiten gegen unbewaffnete Zivilisten. Mindestens 23
Menschen sind bei den Zusammenstößen ums Leben gekommen, Hunderte
Demonstranten, Aktivisten und Berichterstatter wurden willkürlich
verhaftet, inhaftierte politische Häftlinge wurden misshandelt und
gefoltert.

Seit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober 2009 in
Tunesien beobachten die fünf Organisationen eine deutliche
Verschlechterung der Menschenrechtssituation in dem nordafrikanischen
Land. Die tunesische Regierung weigert sich, ihre internationalen




Verpflichtungen, namentlich bei der Meinungs-, Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit, einzuhalten.

Das Organisationenbündnis fordert die Europäische Union und die
Vereinten Nationen mit Nachdruck auf, Konsequenzen aus der
abwehrenden Haltung der Regierung unter Präsident Zine el Abidine Ben
Ali zu ziehen. "Wir fordern die internationale Gemeinschaft
insbesondere die UNO und EU auf, eine geschlossene Position gegenüber
der tunesischen Regierung einzunehmen." Deren Rechtsverstöße müssten
verurteilt und konkrete Maßnahmen und Schritte von den tunesischen
Verhandlungspartnern eingefordert werden.

Die Organisationen appellieren an die internationale
Staatengemeinschaft, folgende Forderungen an die tunesische Regierung
zu stellen:

- Die Achtung der Versammlungsfreiheit, vor allem das sofortige
Ende der Gewalt und des Schusswaffengebrauchs von
Ordnungskräften gegen Demonstranten.
- Die Einhaltung der Grundsätze der Meinungsfreiheit.
- Die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Personen,
insbesondere von Menschenrechtsverteidigern, Anwälten,
Journalisten, Bloggern, Gewerkschaftern und politischen
Persönlichkeiten, die während der Protestbewegung willkürlich
festgenommen wurden sowie ein Ende von Folterpraktiken und
anderer Misshandlungen.
- Die Einsetzung einer nationalen Untersuchungskommission -
unabhängig und unparteilich - mit dem Auftrag, die begangenen
Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen (einschließlich der
Fälle von außergerichtlichen Exekutionen und willkürlichen
Verhaftungen).
- Die Einrichtung einer internationalen unabhängigen Kommission
unter der Ägide der Vereinten Nationen.
- Die Identifizierung der Verantwortlichen für die Verbrechen und
die Überführung der Täter an die Justiz.
- Die Bewilligung von Schadensersatzzahlungen an die Opfer der
Verbrechen und/oder an ihre Familien.
- Die Aufhebung der Blockade der Berichterstattung tunesischer und
ausländischer Medien, die über die Unruhen informieren möchten.
- Die Aussetzung der Verhandlungen der EU mit Tunesien über die
Bewilligung eines "fortgeschrittenen Status" im Rahmen der ENP,
solange keine konkreten Fortschritte bei der Einhaltung der
Menschenrechte im Land erreicht werden - insbesondere die
Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsrecht betreffend.
- Die Garantie der politischen und gewerkschaftlichen Vielfalt,
die Achtung der Eigenständigkeit zivilgesellschaftlicher
Organisationen, der Unabhängigkeit des Gerichtssystems, die
Aufhebung der Internetzensur und Freilassung von politischen
Häftlingen.

"Es ist lebenswichtig, dass der tunesische Staat die
Menschenrechte und Grundfreiheiten respektiert und auf Maßnahmen
verzichtet, die die Gewalt schüren könnten", warnen die
Organisationen. Andernfalls werde es keine Lösung für die aktuelle
Krise in Tunesien geben.

Lesen Sie hier eine ROG-Pressemitteilung vom 13.1.2011 zu den
aktuellen Repressionen gegen Medienschaffende in Tunesien.
http://bit.ly/fHP7cH



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29


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Datum: 14.01.2011 - 13:21 Uhr
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