(ots) - Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte hat heute auf die Beschwerde eines afghanischen
Asylsuchenden entschieden, dass dessen Ãœberstellung aus Belgien nach
Griechenland im Rahmen des EU-Verteilungsverfahrens
(Dublin-Verfahren) ihn in seinen Menschenrechten verletzt hat. Das
Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt diese Entscheidung, die
den Grundrechtsschutz für Flüchtlinge in Europa entscheidend stärkt.
"Sie macht aber auch eine Änderung des deutschen
Asylverfahrensgesetzes notwendig", erklärt Beate Rudolf, Direktorin
des Deutschen Instituts für Menschenrechte. "Die deutsche
Drittstaatenregelung, die vorläufigen Rechtsschutz gegen die
Abschiebung in einen so genannten sicheren Drittstaat ausschließt,
ist nicht mehr haltbar." Die vom Bundesinnenministerium kürzlich
verfügte einjährige Aussetzung von Überstellungen von Flüchtlingen
nach Griechenland sei im Lichte des Urteils nicht ausreichend,
betonte Rudolf.
Der Antragsteller war Anfang 2008 aus Kabul geflohen und erreichte
durch seine Einreise in Griechenland die Europäische Union. Im
Februar 2009 stellte er in Belgien einen Asylantrag. Die belgischen
Behörden verfügten daraufhin seine Überstellung nach Griechenland.
Ein Eilantrag gegen die Ãœberstellung wurde von den belgischen
Behörden abgelehnt. Der Gerichtshof stellte in dem Fall eine
Rechtsverletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sowohl
durch Belgien als auch durch Griechenland fest.
Der in Belgien existierende beschränkte Eilrechtsschutz genügt
nach der Feststellung des Gerichtshofs dem Recht auf eine wirksame
Beschwerde nicht. Erforderlich ist in solchen Verfahren nach dem
Gerichtshof eine gründliche Prüfung des Einzelfalls in der Sache. Vor
Abschluss der Prüfung darf der Antragsteller nicht abgeschoben
werden. Diese aufschiebende Wirkung schließt das deutsche
Asylverfahrensgesetz derzeit bei den "sicheren Drittstaaten" rundweg
aus.
Weitere Informationen:
Studie "Der Asylkompromiss 1993 auf dem Prüfstand" (Autorin: Dr.
Ruth Weinzierl)
http://www.presseportal.de/go2/studie21012011
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