(ots) - Straßburger Ohrfeige
Wer nach dem Straßburger Urteil zum Asylrecht alle Schuld bei den
Griechen sucht, macht es sich zu einfach. Auch für die
Verantwortlichen in Brüssel, Berlin oder Paris ist der Richterspruch
eine heftige Ohrfeige. In den Hauptstädten Europas haben es sich die
Regierungen lange Zeit zu einfach gemacht. Sie wussten um die
alarmierenden Zustände in griechischen Flüchtlingslagern - und
schickten Asylbewerber dennoch zurück. Möglich machte das die
Rücksende-Richtlinie, nach der jenes EU-Land das Asylverfahren
durchführen muss, das der Flüchtling zuerst erreicht. So ließ sich
die Verantwortung bequem an Griechenland, Italien, Malta, Spanien
oder Portugal delegieren, obwohl die Länder mit EU-Außengrenzen dem
Flüchtlingsstrom längst nicht mehr gewachsen waren.
Mit dieser Vogel-Strauß-Taktik ist es nach dem Straßburger Urteil
vorbei. Die Richter haben klar gemacht, dass sie ein zivilisiertes
Asylverfahren in allen EU-Ländern erwarten. Zustände wie in
Griechenland oder Italien, wo Flüchtlinge bisher eingepfercht und in
Herkunftsländer mit Folterrisiko abgeschoben wurden, lassen sich
nicht mehr ignorieren. Das menschenwürdige Asylrecht der EU darf
nicht länger nur auf dem Papier stehen. Konkret heißt das:
Asylbewerber dürfen auch in der EU nur in Länder zurückgeschickt
werden, in denen ein faires Verfahren gewährleistet ist. Deutschland
hat sich zu dieser Linie bereits bekannt. Flüchtlinge aus
Griechenland müssen vorerst nicht zurück. Gut so!
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