(ots) - Nach Auszählung aller Einsendungen aus der ersten
bundesweiten Wintervogelzählung ziehen der NABU und der Landesbund
für Vogelschutz in Bayern (LBV) eine eindrucksvolle Bilanz. Die
Verbände hatten vom 6. bis 9. Januar zur großen Mitmach-Aktion
"Stunde der Wintervögel" aufgerufen. Mehr als 85.000 Teilnehmer
meldeten daraufhin ihre Vogelbeobachtungen, die sie innerhalb einer
Stunde in Gärten, Parks oder vom Balkon aus machen konnten.
Häufigster Wintervogel ist demnach die Kohlmeise, gefolgt von
Haussperling, Amsel und Blaumeise.
Rund 90 Prozent der Daten stammen von Futterstellen, an denen sich
Vögel am einfachsten und aus nächster Nähe beobachten lassen. So
entsteht ein recht genaues Bild darüber, welche Vogelarten auch im
Winter bei uns ausharren und wie sie sich innerhalb von Deutschland
verteilen. Zu den häufigsten Überwinterern zählen neben Kohl- und
Blaumeisen auch Grün- und Buchfinken, Sperlinge, Kleiber, Eichelhäher
und Spechte. Hinzu kommen Wintergäste aus dem hohen Norden wie
Bergfinken, Erlenzeisige und Rotdrosseln. "Wenn diese in ihrer Heimat
zu wenig Winternahrung finden, ziehen sie in großen Scharen nach
Mitteleuropa", erklärte NABU-Vogelschutzexperte Markus Nipkow dieses
Verhalten. Jeweils etwa 34.000 Bergfinken und Erlenzeisige zählten
die fleißigen Vogelfreunde während der Aktion. Verglichen mit
Vorjahreszahlen aus Bayern, wo die Stunde der Wintervögel bereits zum
sechsten Mal stattfand, gab es die typischen "Invasionsarten"
allerdings deutlich seltener zu sehen.
Die Ergebnisse der Aktion geben nicht zuletzt Hinweise auf die
Qualität der Vogellebensräume. Auffallend dabei: Viele Vögel, die in
einer aufgeräumten und intensiv bewirtschafteten Feldflur immer
weniger Nahrung finden, zog es in die Nähe menschlicher Siedlungen.
Als Anzeichen dieser "Landflucht" deuten NABU und LBV zum Beispiel
die große Zahl der Feldsperlinge, die an Futterstellen in Gärten
registriert wurden: Der urban lebende Haussperling ist etwa sechsmal
häufiger als der Feldsperling. Doch sein Verwandter aus dem
"ländlichen Raum" wurde an den Winterfütterungen kaum seltener
angetroffen. Auch Meldungen von Goldammern, Stieglitzen, Fasanen und
selbst Rebhühnern an den Futterstellen belegen diesen Effekt. "Die
bäuerliche Kulturlandschaft verliert mehr und mehr an Vielfalt und
Vögel sind dafür recht genaue Indikatoren", sagte Alf Pille,
Agrarbiologe des LBV.
Die Vogelkundler der beiden Verbände werden bei der Auswertung der
Daten auch auf die Anzeiger von Klimaveränderungen achten: Wenn
ursprüngliche Zugvögel immer häufiger hier überwintern, sind
Veränderungen im Gange. So verlässt zwar noch der größte Teil der
Singdrosseln, Hausrotschwänze, Mönchsgrasmücken oder Zilpzalpe die
hiesigen Brutgebiete im Herbst, doch wurden allein bei dieser
Wintervogelzählung mehrere Hundert dieser Arten gemeldet. "Wenngleich
nicht immer jeder Vogel richtig identifiziert wird, liefern die
eingesendeten Beobachtungen dennoch wichtige Hinweise und
Vergleichsmöglichkeiten", beurteilte Nipkow die Wintervogelzählung.
Ihre Stärke liege in der enormen Datenmenge, die auch eine gewisse
Anzahl an Fehlern verkrafte.
Die Stunde der Wintervögel ist derzeit die größte
"Citizen-Science-Aktion" Deutschlands. Es nehmen überwiegend Laien
daran teil, die aus Interesse und Freude an der Natur ihre
Beobachtungsdaten sammeln und für eine großräumige Auswertung zur
Verfügung stellen.
Vom 13. bis 15. Mai folgt die "Stunde der Gartenvögel", eine
Schwesteraktion, die von den beiden Umweltverbänden bereits seit
mehreren Jahren durchgeführt wird. Dann werden die Brutvögel des
Landes, deren Vorkommen und die Veränderungen ihrer Bestände im
Mittelpunkt des Interesses stehen.
Weitere Ergebnisse zur Stunde der Wintervögel, darunter auch
detaillierte Karten und Zahlen aus einzelnen Landkreisen, sind zu
finden unter www.NABU.de sowie für Bayern unter www.LBV.de
Originaltext vom NABU
NABU-Pressestelle, Telefon: 0 30.28 49 84-1510, -1722, Telefax: 0
30.28 49 84-2500, E-Mail: Presse(at)NABU.de
Pressekontakt:
Dr. Markus Nipkow, NABU-Vogelschutzexperte, Tel. 030-284984-1620
Alf Pille, Pressesprecher des LBV, Tel. 09174-4775-24