LG FFM entscheidet über Zulässigkeit der Klage gegen Ratingagentur
(firmenpresse) - Hamburg, 23. Februar 2011. Am 23. Februar hat die erste mündliche Verhandlung in dem Schadensersatzprozess eines Anlegers gegen die Ratingagentur Standard & Poor´s (S&P) stattgefunden. Dabei hat die zuständige Kammer des Landgerichts Frankfurt am Main zunächst nur über Zulässigkeitsfragen zu entscheiden. S&P verteidigt sich gegen die Klage bisher hauptsächlich mit dem Argument, dass ein solches Verfahren in den USA zu führen wäre und deutsche Gerichte nicht zuständig seien.
Die Beklagte „S&P Financial Services LLC" habe ihren Sitz in New York und unterhalte weder Büros in Deutschland noch sei hier ein nennenswertes Vermögen dieser Gesellschaft vorhanden.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Jens-Peter Gieschen von der Kanzlei KWAG, die den Kläger vertritt: „Hinter der Marke ‚Standard & Poor´s‘ verbergen sich eine Vielzahl von Unternehmen und Gesellschaften, die jeweils unterschiedliche Zwecke und Aufgabenbereiche erfüllen. So ist ‚S&P Financial Services LLC‘ innerhalb dieses Konglomerats für das zuständig, was wir aus den Medien unter dem Begriff ‚Rating‘ kennen. Nachdem wir wegen der aus unserer Sicht fehlerhaften Ratings dieser Gesellschaft im Zusammenhang mit der Lehman-Pleite Klage Schadensersatz vor dem Landgericht Frankfurt eingereicht haben, scheint der deutsche Boden für S&P zu heiß geworden zu sein."
Zwar verfügt S&P über ein Büro in Frankfurt, das auch als ‚Office‘ auf der Webseite der Muttergesellschaft (www.standardandpoors.com) genannt ist, allerdings sollen dort – so der Vortrag der Anwälte von S&P in dem Prozess – nur Gesellschaften ansässig sein, die weder mit der Beklagten identisch noch für diese tätig seien. Auch nutze die Beklagte weder diese Büros, noch verfüge sie über Mitarbeiter oder Vermögen an diesem Standort.
„Gibt es die Ratingagentur S&P am Ende gar nicht in Deutschland?", fragt sich nicht nur Rechtsanwalt Gieschen. „Oder hat man hier schnell alle Zelte abgebrochen und versucht, die Spuren zu verwischen, um einem möglichen Haftungsrisiko aus dem Weg zu gehen?"
Richtiger dürfte sein, dass S&P in dem Gerichtsverfahren wahrheitswidrig vortragen lässt. KWAG hat daher beim Landgericht Frankfurt angeregt, die Akten an die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachtes des (versuchten) Prozessbetruges abzugeben. Gieschen: „Wir werden Strafanzeige gegen S&P und deren Anwälte stellen, wenn man weiter versucht, das Gericht und uns für dumm zu verkaufen. In der heutigen Verhandlung haben wir diverse Dokumente vorgelegt, aus denen sich nach unserer Auffassung eindeutig ergibt, dass auch ‚S&P Financial Services LLC‘ aus den Frankfurter Büroräumen von S&P heraus am deutschen und europäischen Markt agiert und hier Mitarbeiter und Vermögen unterhält. Einige der Dokumente tragen unter Angabe von Mitarbeitern aus dem Frankfurter Büro inklusive derer Telefonnummern das Copyright von S&P Financial Services LLC: „Eindeutiger geht es wohl kaum. Rein vorsorglich haben wir den Vorstand der Deutschen Börse und der Deutschen Bank, zu denen S&P unbestritten Geschäftsbeziehungen unterhält, als Zeugen benannt", so Gieschen abschließend.
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Jens-Peter Gieschen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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