(ots) - Erdogan ist ein Meister des Spagats. Er fordert
türkischstämmige Bürger in Deutschland zur Integration auf und sagt
gleichzeitig: Lebt eure Traditionen. Er sagt: Eure Kinder müssen
Deutsch lernen, aber er sagt auch: Lernt erst Türkisch. Was meint er
denn nun? Im Grunde geht es dem erzkonservativen Premier nur um diese
Botschaft: Bleibt stolze Türken, haltet am Glauben fest und lasst
euch nicht unterbuttern. Dafür haben sie ihm zugejubelt. Es war sein
Publikum: Migranten, die sich mehr zur alten Heimat hingezogen fühlen
als zur neuen. Tiefgläubige Menschen, Türken in der Diaspora.
Bei Weitem nicht alle türkischen Migranten denken so. Die meisten
fühlen sich eher in Dortmund oder Köln zu Hause. Wahr ist aber auch:
Wir machen es Erdogan leicht, den Menschenfänger zu spielen. Er
schmeichelt jenen, die sich an den Rand gedrängt fühlen; er sagt
jenen, die die Sarrazin-Debatte frustriert hat: Ihr habt doch eine
Heimat! Ihr seid unsere Brüder und Schwestern!
Auf ein entsprechendes Bekenntnis der deutschen Gesellschaft
warten die muslimischen Migranten noch immer. Auf ein ehrliches
"Herzlich Willkommen". Erdogan füllt nur die Lücke, die wir ihm
geben.
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