(ots) - (Heinrich-Böll-Stiftung/Germanwatch) Lokal
angepasste, einfache und ökologisch nachhaltige Innovationen in der
Landwirtschaft sind ein Schlüssel zum Abbau von Armut und Hunger. Das
ist das Fazit des Berichts "Zur Lage der Welt 2011" des führenden
US-amerikanischen Umweltinstituts Worldwatch, dessen deutsche Ausgabe
heute in Berlin vorgestellt wurde. Der Bericht plädiert für einen
umgehenden Ausbau nachhaltiger landwirtschaftlicher Investitionen:
Darunter die Finanzierung von Agroforstwirtschaft, Sortenvielfalt
sowie agrarökologischer Forschung, die in den letzten Jahren massiv
vernachlässigt worden sei.
Knapp eine Milliarde Menschen leide an Hunger, und das obwohl
niemals zuvor mehr Nahrungsmittel produziert worden seien, stellt der
Bericht fest. Insbesondere in Afrika, wo das Bevölkerungswachstum in
den nächsten Jahren stark zunehmen werde, verschärfe sich Hunger und
Unterernährung. Die weltweiten Preissteigerungen für Nahrungsmittel
träfen vor allem die ärmsten Menschen weltweit.
Bei der heutigen Vorstellung des Berichts sagte Danielle
Nierenberg, Agrarexpertin des Worldwatch Instituts und Hauptautorin
des Buches: "Ein produktiver Wandel ist möglich, wenn man Kleinbauern
durch einfache, aber entscheidende Innovationen stärkt - insbesondere
die Frauen, die die Landwirtschaft in den meisten Ländern dominieren.
Die Lösung besteht darin, Nahrungsmittel so zu produzieren, dass sie
auch von Kleinbäuerinnen und -bauern verarbeitet und vermarktet
werden können."
Für mehr Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft
plädierte Judi Wakhungu, Leiterin des kenianischen Think Tanks
"African Centre for Technology Studies" und Co-Direktorin des
Weltagrarberichts (IAASTD): "Afrikanische Regierungen und
internationale Geber müssen in Projekte investieren, die lokales und
traditionelles Wissen mit neuen Technologien kombinieren. Für die
Bekämpfung des Hungers in Afrika sind Investitionen etwa in die
ökologische Agrarforschung entscheidend. Mit Hilfe der
Agroforstwirtschaft könnten auf den weniger fruchtbaren Böden des
Kontinents Erosion vermieden, die Fruchtbarkeit der Böden verbessert
und der Ernteertrag gesteigert werden."
Angesichts der akuten Preissteigerungen auf den Weltagrarmärkten
forderte Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, eine
sofortige Kehrtwende in der EU-Agrarpolitik: "Es ist untragbar, dass
wir unseren Bedarf an Agrarrohstoffen auf Kosten anderer Ländern
decken und die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel in die Höhe
treiben. Die EU zählt zu den größten Fleischexporteuren weltweit,
aber nur, weil wir den größten Teil der Futtermittel aus dem Süden
importieren und die ökologischen und sozialen Folgen unserer
Fleischproduktion in andere Länder auslagern. Die EU muss endlich
sicher stellen, dass ihre Agrarpolitik eine ökologische und faire
Produktion fördert und nicht den Tierfabriken nutzt, die ihre Tiere
mit Soja aus Brasilien oder Argentinien füttern."
Auch aus Sicht des Klimaschutzes sei eine Neuausrichtung der
EU-Agrarpolitik dringend notwendig, ergänzt Tilman Santarius,
Vorstandsmitglied von Germanwatch: "Vor allem durch eine intensive
Fleischproduktion trägt die Landwirtschaft bedeutend zum Klimawandel
bei. Dabei könnten nachhaltige Produktionssysteme wie die
Weidehaltung der Atmosphäre sogar klimaschädliche Gase entziehen."
Die deutsche Ausgabe von "2011 State of the World: Nourishing the
Planet" des Worldwatch Instituts ist unter dem Titel "Zur Lage der
Welt 2011. Hunger im Überfluss. Neue Strategien gegen Unterernährung
und Armut" im oekom-Verlag erschienen. Herausgeber der deutschen
Ausgabe sind Germanwatch und die Heinrich-Böll-Stiftung.
Zahlen, Daten, Fakten
zum Bericht "Zur Lage der Welt 2011" sowie Leseproben, darunter
u.a. Beiträge von Olivier de Schutter, Barbara Unmüßig, Klaus Milke,
Christine Chemnitz und Tobias Reichert, auf www.boell.de
Dokumentation
Einen Video-Mitschnitt der heutigen Pressekonferenz zur
Vorstellung des Berichts "Zur Lage der Welt 2011" finden Sie ab 14.00
Uhr unter www.boell.de
Pressekontakt:
Karoline Hutter, Heinrich-Böll-Stiftung, Pressereferentin,
T 030.285 34-202, M 0160.365 77 22, E hutter(at)boell.de