(ots) -
18. März 2011. Bis heute gilt der Super-GAU von Tschernobyl als
die schwerste nukleare Havarie der Welt. Im Reaktorblock 4 kam es am
26. April 1986 als Folge einer Kernschmelze zu mehreren Explosionen,
die den tonnenschweren Deckel des Reaktors zerstörten. Große Mengen
Radioaktivität wurden in die Luft geschleudert. Moderator Stefan
Gödde hat die ukrainische Stadt zum 25. Jahrestag der Atomkatastrophe
besucht. Für "Galileo Spezial: Tschernobyl - 25 Jahre nach dem
Super-GAU" (Sendetermin Sonntag, 20. März, 19.10 Uhr, ProSieben)
drehte der 35-Jährige acht Tage lang mit einem Team in Tschernobyl
und Umgebung.
Seine Eindrücke schildert er im folgenden Interview:
Wie haben Sie sich auf die Recherche-Reise in die verstrahlte
Gegend um Tschernobyl vorbereitet? Gödde: "Ich wurde von einem
deutschen Physiker gecoacht, der mich dann auch zusammen mit einem
Einheimischen im Sperrgebiet von Tschernobyl begleitet hat. Gefahr
geht natürlich von der Strahlung aus, die stellenweise noch extrem
hoch ist - vor allem aber auch durch radioaktive Staubpartikel. Mir
und meinem Team kam allerdings zugute, dass während der Dreharbeiten
eine Schneedecke lag. So wurde das Risiko, den Staub an die
Schleimhäute zu bekommen, etwas verringert."
Hatten Sie keine Angst? Gödde: "Angst weniger - eher Respekt. Wir
haben uns eine Woche im Sperrgebiet aufgehalten und gefilmt. Gewohnt
haben wir in einem Hotel, das zum Glück nicht verstrahlt ist.
Trotzdem hatte ich immer einen Geigerzähler dabei - weil die
Kontamination nicht gleichmäßig ist. Manche Stellen sind weniger
belastet, dafür geht von den so genannten ,Hot Spots' eine größere
Gefahr aus. Den Kontrollraum des stillgelegten Reaktorblocks 3 -
direkt neben dem havarierten Block 4 - konnten wir nur unter
strengster Aufsicht besichtigen. Auch heute, ein viertel Jahrhundert
nach der Katastrophe, muss das Kraftwerk immer noch gewartet und
instand gehalten werden. Sich dort aufzuhalten war wirklich sehr
unheimlich."
Was weißt noch auf das Leben vor 25 Jahren hin? Gödde: "Wir haben
die einstmalige Arbeiterstadt Prypjat besucht, die liegt gerade mal
drei Kilometer vom Atomreaktor entfernt. 48 000 Menschen fühlten sich
einst in der ,Stadt der Blumen und Kinder' wohl, lebten und
arbeiteten dort. Heute ist alles verlassen und es herrscht eine
Stille, wie ich sie noch nie erlebt habe: gespenstisch, alles
verschlingend und bedrückend."
Welches Bild ist Ihnen am stärksten im Kopf geblieben? Gödde: "Zum
Zeitpunkt des Unglücks wurde in Prypjat ein Jahrmarkt aufgebaut für
ein großes Volksfest. Ein Riesenrad, ein Auto-Scooter - alles steht
noch da, wie vor 25 Jahren. Heute ist natürlich alles verfallen,
verrostet und verstrahlt - ein extrem lebensfeindlicher Ort. Dieses
Bild hat mich sehr berührt - zumal man bedenken muss, dass die
Menschen in Prypjat erst zwei Tage nach der Katastrophe über die
Gefahr informiert und viel zu spät evakuiert wurden. Viele von Ihnen
sind gestorben oder leiden noch heute an den Folgen des Super-GAUs."
Haben Sie gar keine Menschen getroffen? Gödde: "Doch. Einige
konnten sich einfach nicht mit der ihnen zugewiesenen neuen Heimat
abfinden. Besonders in Erinnerung ist mir eine alte Frau geblieben,
die zusammen mit ihrem Mann in ganz ärmlichen Verhältnissen lebt. Sie
hatte uns eingeladen und zu Mittag Kartoffeln gekocht, die sie selbst
in ihrem Garten angebaut hat. Trotz meines schlechten Gewissens -
etwas abzulehnen ist dort sehr unhöflich - habe ich verzichtet. Im
Nachhinein bin ich froh darüber, denn wir haben eine Kartoffel
mitgenommen und untersucht: Sie war mit radioaktivem Cäsium
verseucht!"
Am 26. April 1986 waren Sie zehn Jahre alt. Was ist Ihnen von
diesem Tag in Erinnerung geblieben? Gödde: "An Details kann ich mich
nicht genau erinnern, an die im Anschluss geführten Diskussionen aber
schon: Was darf man noch essen? Ist Spielen im Freien gefährlich? Und
natürlich, inwieweit wird unser Leben verändert, wenn die Wolke zu
uns kommt?"
Was glauben Sie, wird aufgrund der aktuellen Ereignisse in Japan,
auf die Menschen dort zukommen? Gödde: "Ich habe gesehen, was so ein
Super-GAU anrichtet und bin tieftraurig. 25 Jahre nach der
Strahlenkatastrophe ist die Region um Tschernobyl immer noch
gebeutelt, die Menschen leiden unter den Folgen. Japan könnte nun ein
ähnliches Schicksal drohen und hinzu kommen noch die schlimmen
Erdbeben und Tsunamis. Dass soviel Leid und Unglück über Menschen
hereinbrechen kann, ist einfach unvorstellbar."
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