(ots) - Gemeinsame Pressemitteilung von "Brot für die
Welt", Germanwatch, Greenpeace, Oxfam und WWF
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen "Brot für die Welt",
Germanwatch, Greenpeace, Oxfam und WWF fordern von der
Bundesregierung in einer gemeinsamen Erklärung sechs Eckpfeiler für
eine zukunftsfähige Energieversorgung ohne klimaschädliche und
hochriskante Energietechnologien. Die Katastrophe von Fukushima
erfordert jetzt den schnellstmöglichen Ausstieg aus der
Atomtechnologie in Deutschland und Europa. Das bedeutet, die Weichen
in der Energiepolitik neu zu stellen. Klimaschutz müsse ein
elementarer Teil der neuen Energiestrategie sein, so die Verbände.
"Nach der Katastrophe von Fukushima mit ihren völlig unabsehbaren
Langfristfolgen ist eine Energiewende, die künftig menschengemachte
Katastrophen ausschließt, alternativlos. Das gilt überall auf der
Welt, aber ganz besonders auch in Deutschland. Der Politikwechsel,
den wir hierfür brauchen, muss jetzt beginnen", sagt Thomas Hirsch,
Entwicklungspolitischer Beauftragter von "Brot für die Welt", dem
evangelischen Hilfswerk.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer bei Germanwatch,
drängt die Bundesregierung: "Jetzt gilt es, ohne Wenn und Aber die
Weichen für den deutlich beschleunigten Ausbau von Energieeffizienz
und Erneuerbaren Energien zu stellen. Der dazu notwendige Ausbau von
Stromnetzen und Speichern wird wesentlich mehr Akzeptanz finden, wenn
klar ist, dass er einer erneuerbaren Zukunft ohne die
Risikotechnologien Kohle und Kernkraft dient."
"Atomtechnologie ist nicht kontrollierbar und grenzenlos
zerstörerisch", betont Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung
von Greenpeace. "Die Kanzlerin muss noch vor den Landtagswahlen die
gefährlichsten zehn Atomkraftwerke durch einen Bundestagsbeschluss
abschalten lassen. Vier weitere müssen bis 2013 und die restlichen in
wenigen Jahren danach vom Netz. Fukushima hat uns gelehrt, dass es
bei der Sicherheit von Atomkraftwerken keine Kompromisse mehr geben
darf."
Oxfam-Geschäftsführer Paul Bendix warnt, jetzt nicht ein Risiko
durch das andere zu ersetzen: "In einem energiepolitischen
Zukunftspaket darf Frau Merkel nicht den Ausstieg aus der
gefährlichen Atomkraft mit dem Einstieg in den nicht minder
gefährlichen Klimawandel erkaufen, der jetzt schon in den armen
Ländern Ernten verdorren lässt und den weltweiten Hunger verschärft.
Die Senkung der Treibhausgasemissionen in Europa ist unverzichtbarer
Bestandteil solch eines Pakets. Richtig wäre es daher, wenn jetzt
Frau Merkel in Brüssel durchsetzt, dass die Europäische Union ihr
Klimaziel zunächst auf mindestens 30 Prozent Emissionsreduktionen bis
2020 festlegt."
Regine Günther, Leiterin Klima und Energiepolitik beim WWF,
erklärt: "Der schnelle Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie
Kernkraft und der Klimaschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt
werden. Der Bau neuer Kohlekraftwerke ist unvereinbar mit einer
ambitionierten langfristigen Klimaschutzpolitik. Wir würden auf einen
Energieträger setzen, der maßgeblich für die Klimakatastrophen der
Zukunft verantwortlich sein wird."
Für ein energiepolitisches Zukunftspaket, das menschengemachte
Katastrophen heute und in der Zukunft ausschließt
Sechs zentrale Eckpfeiler für eine klima- und energiesichere
Zukunft
Die Katastrophe von Fukushima erfordert jetzt den
schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomtechnologie in Deutschland
und Europa. Hierüber zeichnet sich in Deutschland ein breiter
gesellschaftlicher Konsens ab. Aber auch angesichts der zunehmenden
Bedrohung durch den Klimawandel müssen die Weichen in der
Energiepolitik neu gestellt werden und der Klimaschutz ein
elementarer Teil der neuen Energiestrategie werden. Nur so lassen
sich in Zukunft die Gefahren menschengemachter Katastrophen durch
eine verfehlte Energiepolitik minimieren.
Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern ein energiepolitisches
Zukunftspaket ohne klimaschädliche und hochriskante
Energietechnologien. Die sechs zentralen Eckpfeiler für eine klima-
und energiesichere Zukunft sind:
1. Ausstieg aus der Atomenergie. Es müssen zehn der 17 deutschen
Kernreaktoren sofort und dauerhaft vom Netz genommen werden. Vier
weitere Kernkraftwerke sollten bis 2013 vom Netz gehen. Die
restlichen drei sollten wenige Jahre später auslaufen. Angesichts der
gegenwärtigen Überkapazitäten des laufenden Ausbaus der erneuerbaren
Energien, der heute existierenden Kaltreserve, der derzeit in Bau
befindlichen Kraftwerkskapazitäten und einem Spitzenlastmanagement
droht weder heute noch künftig eine Stromlücke.
2. Keine neuen Kohlekraftwerke. Der Neubau von Kohlekraftwerken
muss ausgeschlossen werden. Neue klimaschädliche Kohlekraftwerke mit
langer Lebensdauer würden hohe CO2-Emissionen für Jahrzehnte
zementieren. Dies ist nicht vereinbar mit den mittel- und
langfristigen Erfordernissen zur Emissionsminderung.
3. Beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien. Die
erneuerbaren Energien müssen schneller als bisher ausgebaut werden.
Dazu sind ein robustes Fördersystem und umfassende Maßnahmen zur
Schaffung der notwendigen Infrastruktur, wie neue Stromtrassen,
intelligente Netze und Speicher notwendig. Der gesamte Ausbau muss
strikten Nachhaltigkeitskriterien genügen.
4. Ein ehrgeiziges deutsches Effizienzziel. Deutschland muss sich
das verbindliche Ziel setzen, die Energieeffizienz um mindestens 3
Prozent pro Jahr zu steigern. Zudem müssen umfassende Mittel für
Energiesparmaßnahmen bereitgestellt und entsprechende
ordnungsrechtliche Maßnahmen - insbesondere im Gebäude- und
Verkehrsbereich - ergriffen werden. Für Energieeffizienz müssen
jährlich mindestens 5 Mrd. Euro bereitgestellt werden.
5. Europa als Vorbild beim Klimaschutz. Nur mit einem klaren
politischen Rahmen und klaren Zielen kann Europa eine nachhaltige,
zukunftsfähige und risikofreie Energieversorgung realisieren. Hierzu
gehört an erster Stelle ein angemessenes Ziel bei der Reduktion von
klimaschädlichen Treibhausgasen. Die Bundesregierung muss jetzt ohne
Wenn und Aber ein EU-Klimaziel von mindestens 30 Prozent heimischen
Reduktionen bis 2020 und 95 Prozent Reduktionen bis 2050 gegenüber
1990 unterstützen. Dieses Ziel muss noch in diesem Jahr verabschiedet
werden. Diese Festlegung wäre auch im Interesse der
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
6. Europa mit ehrgeizigem Effizienzziel. Das europäische Ziel, den
Energieverbrauch durch Effizienzsteigerungen um 20 Prozent bis 2020
zu senken, muss jetzt als verbindliches Ziel festgeschrieben werden.
Der im März 2011 vorgestellte Effizienzplan des EU-Energiekommissars
Oettinger ist noch deutlich zu schwach. Er enthält keine
verbindlichen Vorgaben und Maßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz. Diesen Effizienzplan gilt es jetzt grundsätzlich zu
überarbeiten.
Rückfragen und Interviewwünsche bitte an:
Regine Günther, WWF, 0151-18854923
Thomas Hirsch, Brot für die Welt, 0172-6259207
Jan Kowalzig, Oxfam, 0177-49171356
Stefan Krug, Greenpeace, 0171-8780836
Christoph Bals, Germanwatch, 0174-3275669