(ots) - Vor sechs Monaten zahlte Maria Gonzales 3,5 Pesos,
umgerechnet rund 0,64 Euro, für drei Kilo Weizen in ihrer Heimatstadt
General Pico in Argentinien. Heute kostet sie die gleiche Menge 4,3
Pesos. Euro. Auf der anderen Seite schwankten in den letzen Jahren
ebenso die Preise, die argentinische Farmer für ihre Produkte auf den
Märkten erhielten. Ein Vergleich der Marktpreise für argentinischen
Weizen macht die Preisturbulenzen deutlich: Im April 2008 kostete die
Tonne argentinischer Weizen am Weltmarkt 415 US-Dollar. Ein Jahr
später war der Preis auf 212 US-Dollar gesunken und stieg bis April
2010 wieder leicht auf 216 US-Dollar. Aktuell wird eine Tonne
argentinischer Weizen für April 2011 mit 355 US-Dollar gehandelt.
Damit sind die Preise von 2008 auf 2009 um rund 50% gefallen und in
den zwei Folgejahren bis 2011 wieder um 68% gestiegen. Dabei werden
nicht allein stark steigende Preise zum Problem für die lokale
Bevölkerung. Sinken die Preise für Agrarrohstoffe an den
internationalen Märkten drastisch, fällt es den Farmern schwer, mit
ihren Produkten noch ausreichend Gewinn zu erzielen, um Anbau und
Düngung im nächsten Jahr zu finanzieren, ihre Familie zu versorgen
und die Schulbildung ihrer Kinder zu bezahlen.
"Die Auswirkungen von Preisschwankungen auf den Weltmärkten für
agrarische Rohstoffe setzen vor allem Entwicklungsländer unter Druck.
In Industrienationen haben Preisturbulenzen an den Weltmärkten
vergleichsweise kaum Auswirkungen auf die Versorgung der
Bevölkerung", so Wilhelm F. Thywissen, Vorsitzender von OVID, dem
Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland. Ganz
anders sieht das in Entwicklungsländern wie Bolivien oder auch
Thailand aus. Hier bedrohen zu hohe aber auch zu niedrige Preise
leicht die Existenz. Bei einem sehr niedrigen Preisniveau auf den
Weltmärkten beispielsweise sind besonders für Kleinbauern wichtige
Investitionen in Saat oder Maschinen nicht mehr möglich.
Die Ursache für die starken Preisschwankungen an den
internationalen Märkten wurde zuletzt insbesondere Finanzinvestoren
und den Mechanismen der Warenterminbörsen zugeschrieben. Die
Bedeutung der Fundamentaldaten - klimatische und andere Faktoren, die
die reale Produktion beeinflussen - hingegen fand in den jüngsten
Diskussionen wenig Beachtung. "Die sensible Wechselwirkung von
Fundamentaldaten, Angebot und Nachfrage und Preisentwicklung an den
Märkten rückt oftmals erst wieder durch Naturkatastrophen, wie große
Dürren oder gegenwärtig das Erdbeben und seine Folgen in Japan, in
den Fokus", kritisiert Thywissen. Darüber hinaus zeigen die aktuellen
politischen Krisen in Nordafrika und im arabischen Raum, welchen
Einfluss auch politische Verhältnisse auf die agrarischen
Rohstoffmärkte haben. Zu den politischen Störfaktoren zählen ebenso
handelspolitische Maßnahmen wie Ausfuhrverbote, wie sie u. a. von
Russland im letzten Jahr und gegenwärtig von der Ukraine beschlossen
wurden.
"Stellvertreter-Diskussionen, wer die 'ursächlichste Schuld' an
den Preisschwankungen auf den Agrarmärkten trägt, helfen niemandem
weiter, vor allem nicht Entwicklungsländern. Die Diskussion um eine
Beschränkung der Warenterminbörsen, um dadurch vermeintlich
Preisschwankungen einzudämmen und den Anstieg der
Nahrungsmittelpreise aufzuhalten, geht in die falsche Richtung.
Gerade in Zeiten schwankender Märkte und hoher Preisvolatilität
brauchen die Marktteilnehmer Warenterminbörsen zur Risikoabsicherung.
Damit aber Warenterminmärkte über ausreichend Liquidität verfügen,
braucht es im Übrigen auch Kapital von Finanzinvestoren", erklärt
Thywissen.
Um Hunger und Armut in Entwicklungsländern zu begegnen, muss
vielmehr in die Landwirtschaft und die ländliche Infrastruktur
investiert werden. Hier müssen die Versäumnisse in der Entwicklung
der ländlichen Räume nachgeholt werden. Aus deutscher und
europäischer Sicht ist dies vor allem eine Aufgabe der
Entwicklungspolitik. Gemeinsam mit der Wirtschaft muss es darum
gehen, Infrastruktur-Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise um
Nachernteverluste in Entwicklungsländern zu verringern: Jährlich
verderben 10% bis 20% der weltweiten Getreideernte aufgrund
unsachgemäßer und unwirtschaftlicher Handhabung und Lagerung.
Pressekontakt:
OVID
Kirstin Karotki
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