(ots) - Mit einer Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt
haben heute Beschäftigte aus rund 40 Fach- und Berufsgewerkschaften
gegen Einschränkungen des Grundrechts der Koalitionsfreiheit und des
Streikrechts demonstriert. Die Teilnehmer der gemeinsamen Aktion von
dbb tarifunion und Marburger Bund forderten die Bundesregierung auf,
den Entwurf der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für eine
gesetzliche Festschreibung des Prinzips "Ein Betrieb - ein
Tarifvertrag" abzulehnen und nicht länger in die eigenen Überlegungen
einzubeziehen. BDA und DGB fordern, dass nur noch der Tarifvertrag
der mitgliederstärksten Gewerkschaft im Betrieb zur Anwendung kommen
soll. Alle anderen Gewerkschaften sollen auch vom Streikrecht
ausgeschlossen werden. Dagegen setzen sich die 37 Fachgewerkschaften
der dbb tarifunion und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund gemeinsam
zur Wehr. Vertreter der betroffenen Berufsgruppen, darunter
angestellte Ärzte, Lehrer, Lokführer, Straßenwärter und
Krankenpfleger, wurden vor dem Bundeskanzleramt symbolisch in einen
"Tarifknast" gesperrt, um die existenzielle Bedrohung der
tarifpolitischen Eigenständigkeit zu veranschaulichen.
Frank Stöhr, der Zweite Vorsitzende des dbb beamtenbund und
tarifunion, bestritt bei der Kundgebung jede Notwendigkeit zu einer
gesetzlichen Regelung: "Im öffentlichen Dienst gibt es bereits jetzt
mehrere etablierte, anerkannte und starke Gewerkschaften. In vielen
Betrieben sind die Mehrheitsverhältnisse nicht eindeutig. Zu einem
'Tarifchaos' oder zu 'englischen Verhältnissen', wie die BDA sie oft
beschwört - aber nie belegt - hat das bis heute nirgends geführt."
Die Interessenlage der Arbeitgeber sei dabei eindeutig und
durchschaubar, so der dbb-Vize weiter: "Kommt die Zwangstarifeinheit,
dann gibt es nur einen Gewinner! Das ist die BDA. Die
Gewerkschaftsbewegung würde auf Jahre geschwächt und das in einer
Zeit, in der wir eher noch stärker werden müssten, um die Menschen
vertreten und schützen zu können."
Der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, bezeichnete
das Vorhaben von BDA und DGB als gleichermaßen rechtswidrig wie
freiheitsfeindlich und zutiefst ungerecht. "Die Tarifautonomie würde
auf den Kopf gestellt, wenn künftig nur noch Branchengewerkschaften
mit staatlicher Sonderlizenz von ihr Gebrauch machen können", sagte
Henke. Eine Rückkehr zu Einheitstarifverträgen hätte in den
Krankenhäusern zudem dramatische Folgen. "Der durch arztspezifische
Tarifverträge gemilderte Abwanderungsdruck würde wieder deutlich
zunehmen, wenn unsere Tarifverträge ihre Wirkung verlieren. Es kann
nicht im Interesse der Politik und der Wirtschaft sein, fachlich
besonders qualifizierte Berufe derart vor den Kopf zu stoßen", so
Henke.
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