(ots) - Das Wachstum der Emerging Markets hat im ersten
Quartal 2011 zwar leicht an Dynamik eingebüßt, insgesamt expandierten
die Länder jedoch nach wie vor kräftig. Dies zeigt der aktuelle HSBC
Emerging Markets Index (EMI) als Frühindikator für die
Konjunkturentwicklung der Schwellenländer. Er gab binnen
Quartalsfrist 0,7 Punkte auf 55,0 nach, notiert damit aber auf dem
Niveau des Langzeit-Durchschnittswerts von 54,9.
Sowohl der Service- als auch der Industriesektor expandierten in
den ersten drei Monaten 2011 langsamer als im Vorquartal. Die
Dienstleister wiesen sogar die niedrigste Steigerungsrate seit fast
zwei Jahren aus. Der Industriesektor lag damit das zweite Quartal in
Folge vor dem Servicesektor.
Wie der EMI des Schlussquartals 2010 bereits andeutete, hat sich
der Preisauftrieb in den Emerging Markets in den ersten drei Monaten
dieses Jahres weiter beschleunigt und stellt die größte Bedrohung für
weiteres Wachstum im Jahr 2011 dar. Verantwortlich für die höchste
Inflationsrate seit nahezu drei Jahren waren der aktuellen Umfrage
zufolge die explodierenden Rohstoffpreise infolge von
Infrastrukturinvestitionen, die Verteuerung von Nahrungsmitteln
aufgrund des Nachfrageüberhangs und die globalen Auswirkungen der
lockeren Geldpolitik der USA.
"Quantitative Straffung" bremst Wachstumsaussichten
Der Anstieg der Einkaufspreise beschleunigte sich nochmals und
fiel insgesamt so stark aus wie zuletzt in Q2/2008. Mit der
dritthöchsten Steigerungsrate seit Umfragebeginn in Q2/2004 lag die
Industrie abermals vor dem Servicesektor, der den kräftigsten
Preisauftrieb seit zweieinhalb Jahren verzeichnete.
Mit Ausnahme Chinas, wo die Kosten bereits im Vorquartal rasant
zugelegt hatten, beschleunigte sich die Inflation in den übrigen drei
Schwergewichtsländern. Indien vermeldete einen Rekordanstieg, in
Brasilien und Russland erreichten die jeweiligen Kostenindizes die
höchsten Werte seit neun bzw. elf Quartalen. Die Verkaufspreise
wurden in den Emerging Markets im ersten Quartal 2011 insgesamt so
stark angehoben wie seit knapp drei Jahren nicht mehr.
Stephen King, Chief Economist von HSBC, kommentiert: "Wir befinden
uns an einem entscheidenden Punkt, an dem die Politik innehalten und
hoffen muss, dass die getroffenen Entscheidungen den gewünschten
Effekt bringen. Wie der aktuelle HSBC Emerging Markets Index zeigt,
könnte sich die Inflation in den Schwellenländern dauerhaft
festsetzen. Währenddessen hat sich sowohl in der Industrie als auch
im Dienstleistungssektor das Wachstumstempo im Vergleich zu den
Vorquartalen verlangsamt. Zunehmende Inflation und rückläufiges
Wachstum stellen eine eher entmutigende Konstellation dar. Folglich
bleibt zu hoffen, dass sich mit der gebremsten Wachstumsdynamik
letztlich auch die Inflation wieder auf ein vernünftiges Niveau
reduziert.
Leider drängt sich der Eindruck auf, dass der Westen die Büchse
der Pandora geöffnet hat mit seinem Versuch, der Weltwirtschaft
mithilfe eines Experiments in Form monetärer Anreize auf die Sprünge
zu helfen", so King. Daraus resultierten nun ökonomische
Verzerrungen, die für die Schwellenländer eine ganze Reihe
unerwarteter politischer Herausforderungen nach sich ziehe. Um eine
Währungsaufwertung infolge mehrerer Zinsanhebungen zu vermeiden,
verfolgten die Emerging Markets eine Strategie, die die HSBC als
"quantitative Straffung" bezeichne. Zu nennen seien hier Maßnahmen
wie die Erhöhung der Reservesätze der Kreditinstitute. "Eine solche
'quantitative Straffung' bringt uns zwar nahezu an die Grenze dessen,
was das makroökonomische Spektrum an experimentellem Spielraum
zulässt, doch wenn sich dadurch eine Verlangsamung des Marktwachstums
erzielen lässt, könnte auch der Anstieg der Rohstoffpreise eingedämmt
werden", erläutert Stephen King.
Daraus ergäben sich enorme Vorteile für die Schwellenländer: Die
kontinuierliche Steigerung von Lebensmittel- und Energiepreisen, die
zumindest teilweise für die jüngsten Aufstände im Nahen Osten und
Nordafrika verantwortlich gewesen seien, habe die Einkommensschere
immer weiter auseinandergehen lassen, worauf der soziale und
politische Druck zugenommen habe. Dieser Trend könne sich nun
umkehren. "Unsere jüngsten Prognosen decken sich mit der Annahme,
dass sich mit der 'quantitativen Straffung' eine
Konjunkturverlangsamung erzielen lässt. So rechnen wir mit einer
Abschwächung des BIP-Wachstums in den Emerging Markets von 7,5 % im
Jahr 2010 auf 6,3% in 2011", so King.
Außer in China hohe Wachstumsraten der Industriesektoren
Unter den Industriesektoren Osteuropas vermeldete die Tschechische
Republik einen neuen Produktionsrekord, und in Russland kletterte der
Produktionsindex auf ein Drei-Jahreshoch. Die Türkei wies zum zweiten
Mal hintereinander eine neue Rekordrate aus, und auch der indische
Industriesektor weitete seine Erzeugung in rekordverdächtigem Tempo
aus. Erheblich mehr hergestellt wurde auch in Taiwan und Südkorea.
Singapur verzeichnete hingegen nur ein mageres Plus. In China verlor
das Produktionswachstum deutlich an Fahrt.
Unterstützt wurden die Produktionssteigerungen durch die insgesamt
wieder anziehende Exportnachfrage. Trotz des stärkeren Zuwachses als
in den beiden Vorquartalen fiel der Vergleich zum 1. Quartal 2010
jedoch enttäuschend aus. Gut gefüllt waren die Orderbücher in der
Tschechischen Republik, in Indien, Polen, in der Türkei und in
Taiwan. Solide Zuwächse vermeldeten auch Hongkong, Saudi-Arabien und
Südkorea. Nur verhalten fiel das Plus an Auslandsbestellungen
hingegen in Brasilien und China aus.
Der Servicesektor verbuchte im ersten Quartal 2011 die niedrigste
Wachstumsrate seit sechs Quartalen. Zurückzuführen war dies in erster
Linie auf die verlangsamte Expansion in China und Russland. In China
sackte der entsprechende Service-Index sogar auf den tiefsten Wert
seit Umfragebeginn im Schlussquartal 2005. In Brasilien liefen die
Geschäfte der Dienstleister ganz ordentlich, während Spitzenreiter
Indien die höchste Steigerungsrate seit zwei Quartalen auswies.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist blieben zwar insgesamt
positiv, die Zuversicht war im historischen Vergleich jedoch
verhalten. Die Dienstleister Indiens zeigten sich am
optimistischsten, hier erreichte der Teilindex Geschäftsaussichten
ein Drei-Jahreshoch. In Russland notierte dieser Index weitgehend auf
dem Niveau des Langzeit-Durchschnittswerts. Im Gegensatz dazu
notierten die Teilindizes Brasiliens und Chinas gut acht Punkte unter
den jeweiligen Durchschnittswerten und setzten damit den Trend des
Vorquartals fort.
Den vollständigen HSBC Emerging Markets Report können Sie unter
www.hsbc.de herunterladen.
Der HSBC EMI wird anhand der etablierten und zuverlässigen Daten
der Purchasing Managers' Indexes (PMI) errechnet, die vom globalen
Finanzinformations-Dienstleister Markit erstellt werden. HSBC gab im
Herbst 2009 die Partnerschaft mit Markit bekannt, um zahlreiche PMIs
für die Schwellenmärkte zu erstellen.
Der nächste HSBC Emerging Markets Index wird vorr. am 7. Juli 2011
veröffentlicht.
Pressekontakt:
HSBC Trinkaus & Burkhardt AG
Dr. Christin Helbig
Tel.: +49 211 910-1741
christine.helbig(at)hsbc.de