PresseKat - Kündigung von Orchestermusikern, Filmschauspielern, Theaterschauspielern und anderen Künstlern

Kündigung von Orchestermusikern, Filmschauspielern, Theaterschauspielern und anderen Künstlern

ID: 384063

Der verstümmelte Prokofjew. Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin-Mitte zur Kündigung von Orchestermusikern, Filmschauspielern, Theaterschauspielern und anderen Künstlern (Aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 9/10 -)

(firmenpresse) - In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgerichts zu den Möglichkeiten einer Kündigung eines Orchestermusikers Stellung genommen.
Will der Arbeitgeber das Orchester verkleinern, so können die Arbeitsgerichte diese Entscheidung nicht auf ihre künstlerische Zweckmäßigkeit hin überprüfen.
Der Kläger, ein Hornist, war seit 20 Jahren als Orchestermusiker bei der Beklagten beschäftigt. Wegen der Kürzung bisheriger Subventionen entschloss sich der Arbeitgeber das Orchester durch Streichung aller Hornistenstellen zu verkleinern und das verbliebene Rumpforchester je nach Bedarf zu ergänzen.
Der klagende Hornist erhielt deshalb die Kündigung und setzte sich vor dem Arbeitsgericht dagegen mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr. Eines seiner Argumente: Die Besetzung eines Kammerorchesters ohne Horn bzw. Waldhorn sei unsinnig und willkürlich, weil für zahlreiche Werke der Orchestermusik das Horn essentiell sei - so könne das Stück „Peter und der Wolf“ nur noch als „Peter ohne Wolf“ aufgeführt werden, da der Wolf nun einmal durch das Horn dargestellt werde.
Mit diesem Argument drang der Kläger nicht durch. Die Verkleinerung des Orchesters erfolgte aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen. Ob sie - an musikalischen Maßstäben gemessen - richtig war, hatte das Bundesarbeitsgericht nicht zu beurteilen. Jedenfalls war sie nicht missbräuchlich und zielte nicht darauf, einzelne, etwa unliebsame, Musiker aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 9/10 -).
Das Urteil ist im Ergebnis konsequent, da andernfalls der Grundsatz, dass unternehmerische Entscheidungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen, verletzt worden wäre. Unternehmerische Entscheidungen werden nur daraufhin überprüft, ob sie offensichtlich willkürlich oder vorgeschoben sind. Da keineswegs alle Stücke einen Hornisten verlangen und da es (zum Glück) nicht Sache der Juristen ist, zu entscheiden, ob man Prokofjew verstümmeln und den Wolf auch durch ein anderes Instrument darstellen darf, ist das Urteil im Ergebnis wohl zutreffend.




Fachanwaltstipp für Arbeitnehmer: Das Vorgehen gegen eine Kündigung lohnt sich in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern nahezu immer. Wenn auch das Arbeitsverhältnis meist nicht gerettet werden kann: Zumindest eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts pro Jahr der Beschäftigung (manchmal auch sehr viel mehr) ist regelmäßig drin.
Fachanwaltstipp für Arbeitgeber: Kündigungsschutzprozesse über viele Jahre hinweg bis zum Bundesarbeitsgericht sind riskant. Im vorliegenden Fall ist es für den Arbeitgeber gut gegangen. Was aber, wenn man in letzter Instanz nach Jahren verliert? Dann muss, wie jüngst im Fall Emmely, für viele Jahre der Lohn nachgezahlt werden, obwohl der/die Mitarbeiter/in keine Leistung erbracht hat. Kleinere Firmen hat so etwas schon die Existenz gekostet. Arbeitgeber sollten daher versuchen, Rechtsstreitigkeiten frühzeitig durch Zahlung einer Abfindung zu beenden. Selbst in vermeintlich sicheren Fällen ist es meist besser, den Rechtsstreit mittels einer (ggf. nur symbolischen) Abfindung zu beenden, als in der nächsten Instanz eine überraschende Niederlage zu riskieren.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Berlin
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Datum: 08.04.2011 - 16:34 Uhr
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