(ots) - Kurz vor der ersten Lesung der Gesetzesentwürfe zur
Präimplantationsdiagnostik (PID) im Deutschen Bundestag hat die
Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) die politischen Empfehlungen des
Deutschen Ethikrates scharf kritisiert. "Der Deutsche Ethikrat hat in
Sachen PID versagt", erklärte Stiftungssprecher Michael
Schmidt-Salomon. "Die Parlamentarier debattieren auf der Basis von
Vorschlägen, die keiner kritischen Prüfung standhalten."
Als "höchst problematisch" bewertete der Philosoph, "dass
insbesondere die theologischen Mitglieder des Ethikrats, die
geschlossen für ein Verbot der PID votierten, ihre weltanschaulichen
Vorbehalte über die Prinzipien des liberalen Rechtsstaates stellten."
Diesem Beispiel folgend würden die Parlamentarier nun ebenfalls "ihre
subjektiven Glaubensüberzeugungen zum Maßstab staatlicher
Gesetzgebung" machen, "was mit den Grundanforderungen an eine
rationale Ethik und Politik nicht zu vereinbaren ist".
Schmidt-Salomon erinnerte daran, dass der Staat sich
"weltanschaulich neutral" zu verhalten habe: "Natürlich steht es
gläubigen Politikern frei, empfindungslose Zellformationen als
'vollwertige Personen' zu erachten und PID für sich persönlich
abzulehnen. Diese Privatmeinung darf aber andersdenkenden Bürgern
nicht aufgezwungen werden! Der Ethikrat hätte klarstellen müssen,
dass die subjektiven Glaubensüberzeugungen der Politiker die
Entscheidungsfreiheit mündiger Bürger nicht begrenzen dürfen. Er
hätte verdeutlichen müssen, dass es das elementare Recht der
betroffenen Paare ist, sich nach eigenem Ermessen für oder gegen PID
zu entscheiden. Stattdessen hat sich der Ethikrat als
'Moralwächterrat' aufgespielt und rechtsstaatliche Prinzipien
verraten."
Angesichts der "weltanschaulichen Befangenheit des Ethikrates"
forderte Schmidt-Salomon eine Neubesetzung des Gremiums. Dabei
sollten "Philosophen, die sich mit Fragen der Ethik im säkularen
Staat beschäftigen, Vorrang haben vor Theologen, die sich offenkundig
schwer damit tun, die eigenen Präferenzen mit gebührendem Abstand zu
betrachten". Ohnehin sei "die starke Präsenz von Kirchenvertretern im
Ethikrat nicht mehr zeitgemäß, da die Kirchen ihren weltanschaulichen
Kredit in der Bevölkerung weitgehend verspielt haben."
Wie Schmidt-Salomon berichtete, hat die Giordano-Bruno-Stiftung in
der vergangenen Woche sämtlichen Bundestagsabgeordneten eine
alternative Stellungnahme zur PID zugesandt, an der führende
Bioethiker mitgewirkt haben. Mittlerweile seien auf das Gutachten der
"gbs-Ethikkommission" zahlreiche Reaktionen aus der Politik
eingegangen. Bis auf wenige Ausnahmen sei die Argumentation der
Bundestagsabgeordneten "erschreckend naiv" ausgefallen, meinte
Schmidt-Salomon: "Viele Politiker schrieben, dass sie als Christen an
eine Beseelung der Embryonen glaubten - als ob dies ein guter Grund
sein könnte, konfessionsfreien Menschen zu verbieten, mithilfe von
PID ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen! Andere meinten, dass
die bewusste Reduktion von Behinderungen zur Diskriminierung von
Behinderten führen würde, obwohl dies in keinem Land geschah, in dem
PID erlaubt ist. Einige schienen sogar den einfachen Sachverhalt
nicht zu begreifen, dass es darum gehen muss, Kranke und Behinderte
zu unterstützen - nicht aber Krankheit und Behinderung! Ich muss
zugeben, dass mich die logischen Schnitzer in diesen
Politikerschreiben beunruhigt haben."
Trotz dieser "ernüchternden Erfahrung" rief der Stiftungssprecher
die Parlamentarier dazu auf, "ihre Haltung zur PID noch einmal
grundsätzlich zu überdenken". Auf längere Sicht müssten ohnehin neue
Lösungswege gefunden werden, da selbst der liberalste der im
Bundestag verhandelten Gesetzesvorschläge "wenig zeitgemäß" sei und
der "Leitidee der offenen Gesellschaft" widerspreche.
Link zum PID-Gutachten der gbs-Ethikkommission:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/pid.pdf
Pressekontakt:
gbs-Pressebüro, +49(0)6519679503,
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