(ots) - Nach einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts
der AOK (WIdO) setzt sich der Anstieg von psychischen Erkrankungen
unverändert fort. So ist 2010 nahezu jeder zehnte Ausfalltag auf eine
psychische Erkrankung zurück zu führen. Bei der Untersuchung der
Krankmeldungen von mehr als 10 Millionen AOK-versicherten
Arbeitnehmern zeigt sich: Die Diagnose Burnout (Ausgebrannt) wird von
den Ärzten zunehmend dokumentiert. Um nahezu das 9-fache sind die
Krankheitstage zwischen 2004 und 2010 wegen Burnout angestiegen.
Insbesondere Frauen und Menschen in erzieherischen und
therapeutischen Berufen sind von einem Burnout betroffen. "Zeitdruck
und Stress nehmen offenbar zu und die Gefahr besteht, dass die
Menschen von zwei Seiten gleichzeitig ausbrennen, vom Beruf her und
durch familiäre Belastungen", so Helmut Schröder, stellvertretender
Geschäftsführer des WIdO.
Bei den 10,1 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern stagniert
der Krankenstand im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr unverändert
bei 4,8 Prozent. Insbesondere psychische Erkrankungen sind weiterhin
auf dem Vormarsch. Die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen
sind seit 1999 um nahezu 80 Prozent angestiegen und führen zu langen
Ausfallzeiten: Diese dauern mit 23,4 Tagen je Fall doppelt so lange
wie der Durchschnitt mit 11,6 Tagen je Fall im Jahr 2010.
Burnout als Zustand physischer und psychischer Erschöpfung wird
unter der Diagnosegruppe "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei
der Lebensbewältigung" erfasst. Damit zählt diese Diagnose zu der
Gruppe der "Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen". Dies
bedeutet, dass ein Burnout von den Ärzten zwar nicht als
eigenständige psychische Erkrankung codiert werden kann, jedoch wird
diese Diagnose zunehmend als Zusatzinformation angegeben: Zwischen
2004 und 2010 haben sich damit die 8,1 Arbeitsunfähigkeitstage je
1.000 AOK-Mitglieder auf 72,3 Tage nahezu um das 9-fache erhöht.
Hochgerechnet auf mehr als 34 Millionen gesetzlich krankenversicherte
Beschäftigte in Deutschland bedeutet dies: "Knapp 100.000 Menschen
mit insgesamt mehr als 1,8 Millionen Fehltagen wurden danach im Jahr
2010 wegen eines Burnouts krankgeschrieben", so Schröder vom WIdO.
In der Detailanalyse zeigt sich, dass Frauen aufgrund eines
Burnouts doppelt so häufig krankgeschrieben werden: So fallen auf
Frauen je 1.000 AOK-Mitglieder 101,9 Ausfalltage, auf Männer hingegen
nur 49,7 Tage. Frauen sind insbesondere zwischen dem 40. und 60.
Lebensjahr von einem Burnout betroffen. Ebenfalls zeigt sich, dass
mit zunehmendem Alter das Risiko einer Krankmeldung in Folge eines
Burnouts zunimmt. Aber auch Berufe, in denen ständig eine helfende
Haltung gegenüber anderen Menschen gefordert wird, sind in diesem
Zusammenhang auffällig. So führt die Berufsgruppe der Heimleiter und
Sozialpädagogen mit 233,3 Arbeitsunfähigkeitstagen je 1.000
AOK-Mitglieder die betroffenen Berufsgruppen an. Dies entspricht 23,8
Ausfalltagen pro Fall. An zweiter Stelle stehen die Telefonisten mit
227,2 Arbeitsunfähigkeitstagen je 1.000 AOK-Mitglieder. "Die erhöhten
lebensweltlichen Herausforderungen an spezifische
Beschäftigtengruppen wie beispielsweise Frauen, ältere Beschäftigte
oder helfende Berufe zeigt sich damit auch bei den Krankmeldungen in
Folge eines Burnouts", so Schröder.
Auch wenn vermutet werden kann, dass ein verändertes ärztliches
Diagnoseverhalten, das in der Bevölkerung mit einem spürbar offeneren
Umgang mit psychischen Erkrankungen einhergeht, diesen Anstieg mit
verursacht, so können doch insbesondere die gestiegenen
psychosozialen Belastungen am Arbeitplatz als Ursache benannt werden.
"Auch vor dem Hintergrund dieser neuen Ergebnisse ist es wichtig,
nicht nur die Belastungen im beruflichen Umfeld zu reduzieren,
sondern auch die Ressourcen und den Umgang mit Stress bei jedem
Einzelnen zu stärken", empfiehlt Helmut Schröder.
Die Gesetzlichen Krankenkassen engagieren sich seit Jahren im
Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements: Arbeitsbedingte
Erkrankungen zu vermeiden, lohnt sich dabei sowohl für den
Mitarbeiter als auch für den Betrieb. So unterstützen die
Krankenkassen Unternehmen bei der Umsetzung von Maßnahmen, die die
gesundheitliche Situation der Arbeitnehmer verbessern. Im Jahr 2009
konnten insgesamt 620.000 Beschäftigte im betrieblichen Kontext
erreicht werden. Am häufigsten nehmen die Arbeitnehmer Angebote zum
Erkennen und Vermeiden körperlicher Belastungen wahr; auf dem zweiten
Rang folgt das Thema Stressmanagement mit mehr als einem Drittel der
durchgeführten Maßnahmen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass spezifische Beschäftigtengruppen von
Burnout betroffen sind, die damit auch im Fokus von
Präventionsmaßnahmen stehen. Hierbei sind alle Beteiligten im Betrieb
wie Mitarbeiter und insbesondere auch Führungskräfte gefordert: Der
Fehlzeiten-Report 2011, der in diesem Sommer erscheint, wird das
Thema Führung beleuchten. Betroffene, Führungskräfte, Betriebe und
Krankenkassen haben im betrieblichen Setting die Herausforderung -
auch von Burnout als Facette der psychischen Erkrankungen - erkannt
und zeigen Lösungen auf, wie etwa betriebliche Gesundheitszirkel,
Stressmanagementseminare oder ein webbasiertes Angebot der AOK mit
www.stress-im-griff.de .
Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
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