(ots) - Anleger sollten besser informiert werden, sich
aber auch besser informieren. Das ist ein Fazit, das sich aus einer
Debatte über die Rolle des Journalismus in der jüngsten Finanzkrise
beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig ziehen lässt. Der
Grund: Was sich an Börsen abspielt, erscheint - zumindest Laien - oft
nicht logisch. Die Frage von Moderator Sergej Lochthofen nach
objektiven Kriterien dafür, blieb denn auch unbeantwortet.
Nach den Worten von Rechtsanwalt und Finanzexperte Dr. Thorsten
Voß liegt dies unter anderem auch an der Komplexität der durch Börsen
verknüpften Informationen. Lars Hofer, Sprecher des Bundesverbands
Deutscher Banken verwies darauf, dass es an den Börsen vor allem um
Erwartungen an die Zukunft gehe. Diese aber sei unbekannt und
Erwartungen an sie nicht immer vernunftorientiert. Trotzdem sei die
Weltfinanzwirtschaft nicht so simpel, als dass nur Gier am Werk sei
und über Milliarden aus dem Bauch entschieden werde.
Auch für Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance &
Management ist diese Darstellung zu billig. Man könne sogar vieles
ausrechnen, etwa dass eine Kapitalerhöhung einen Aktienkurs drücke.
Auch ließen sich die in Wellen immer wieder auftretenden Krisen
durchaus vorhersagen. Sie könnten nicht verhindert, ihre Folgen aber
gemildert werden. Konsequenzen, etwa Regulierungen oder ein
EU-Monitoring, seien in Arbeit. Nach Hofers Beobachtung hat die
zuletzt doch verhinderte "Kernschmelze des Finanzsystems" zu mehr
Berichterstattung und mehr Nachfrage nach Informationen geführt, weil
mehr Menschen betroffen gewesen seien. Darin liege auch eine Chance
für den Finanzjournalismus.
Lutz Meier, Paris-Korrespondent der Financial Times Deutschland
konstatiert jedoch, dass der Journalismus wenig daraus gelernt habe.
Man habe schon längst erklären müssen, wie die Finanzmärkte
funktionierten. Auch Journalisten aber seien mit komplizierten
Systemen schnell überfordert. Auch sähen sich viele weniger als
Erklärer denn als Teil des Systems, was auch am Publikum liege, das
die Wirtschaftsteile der Zeitungen meist überblättere. Es habe
durchaus Warnungen gegeben, allerdings zu versteckt und in zu
komplizierter Sprache. Es gebe wenig Ehrgeiz, die Informationen "über
die Grenze zu bringen, die um diese Branche gezogen ist". Auch sehe
sich die Finanzbranche selbst nicht als offenes System. Schon immer
hätten sich Banken als diskret verstanden, nicht als Teil der
Gesellschaft.
Neben der Kritik an den Banken, der Debatte über Regulierungen und
Transparenz sowie mehr zivilrechtliche Haftung Finanzsektor wurde
auch mehr Verantwortung der Anleger selbst gefordert. Hofer etwa
machte als eine Ursache von Krisen deren Verhalten aus: Jeder wolle
das meiste für sein Geld. Schalast: "Gier gibt es nicht nur bei
Banken." Dafür stünden Slogans wie "Geiz ist geil" oder die Anleger
der isländischen Kaupthing-Bank, die wegen zwei Prozent mehr Zinsen
einem kleinen Institut ohne nennenswerte Einlagensicherung ihr Geld
anvertrauten, nach dessen Kollaps aber nach dem Staat riefen. Für den
Journalisten Meier denken auch Privatleute spekulativ:
Schnäppchenjäger, "die etwas billig wollen, von dem sie wissen, dass
es mehr wert ist". Voß mahnte, auch Anleger bräuchten "eine neue
Ethik" und eine "Finanzmündigkeit". Sie sollten Prospekte wirklich
lesen, wobei Meier ganz einfach rät: Anleger sollten viel fragen und
nur in das investieren, was sie auch begreifen.
Pressekontakt:
Thomas Köhler, S-WOK
Telefon: 0341 - 301 81 81
Mobil: 0170 - 175 95 94
Telefax: 0341 - 301 81 82
E-Mail: koehler(at)s-wok.de