Insolvenzverfahren in Deutschland enden auch wegen der hohen Honorare der Insolvenzverwalter in den meisten Fällen ohne Geld und sonstiges Vermögen. Das geplante neue Gesetz der Bundesregierung geht das Problem der überzogenen Honorare der Insolvenzverwalter nicht entschlossen genug an – zu Lasten der Zukunft der betroffe-nen Firmen, ihrer Gläubiger und des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
(firmenpresse) - Köln. Fast zwei Drittel aller Insolvenzverfahren enden mit einer Quote von 0, die Firmen verschwinden vom Markt und die Gläubiger gehen leer aus. Selbst in den erfolgreicher verlaufenden Fällen sind Mini-Quoten von durchschnittlich gerade einmal drei Prozent zu verzeichnen. Auch hier steht ein konstruktiver Neuanfang für die betroffenen Firmen meist nicht im Mittelpunkt der Überlegungen. Gewinner sind aber in jedem Fall die Insolvenzverwalter. Sie kassieren je nach Insolvenzmasse so viel, dass in zwei Dritteln aller Fälle für die Gläubiger überhaupt nichts übrig bleibt. Fälle wie Karstadt oder Bohlen & Doyen in Aurich aus jüngster Zeit, bei denen die Verwalter zweistellige Millionenbeträge einstreichen konnten, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.
Der Vorstandsvorsitzende der Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e. V. (GSV), der renommierte Bonner Jurist Professor Dr. Hans Haarmeyer, plädiert deshalb für ein radikales Umsteuern. Die Insolvenzverfahren sollen der Maxime "Retten statt Ruinieren" folgen. Sie sollen den "willigen und redlichen Schuldner" in die Lage versetzen, wieder auf die Füße zu kommen und seine Schulden zu begleichen. Der Verwalter muss sein Handeln transparent an den Interessen der Gläubiger und der volkswirtschaftlichen Vernunft ausrichten: "Will man den fatalen Fehlentwicklungen der letzten Jahre Einhalt gebieten, so muss der Gesetzgeber tätig werden und die so genannte Fremdnützigkeit der Insolvenzordnung auch vergütungsrechtlich regeln. Nur so schaffen wir eine Sanierungskultur, die den Wirtschaftsstandort Deutschland voranbringt."
Große Chance: Kurskorrektur 2011 durch das ESUG –
Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
Die Insolvenzverwalter verweisen bei der Kritik an ihren teilweise horrenden Honoraren auf die "Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung" (InsVV), in der die Regelsätze festgelegt sind. Nach der Analyse des GSV fördert die InsVV jedoch eine schamlose Selbstbedienungsmentalität; ein Bezug zur tatsächlich erbrachten Leistung ist selten nachvollziehbar. Die Kontrolle der Gerichte versagt an dieser Stelle vielfach vollständig.
Im September berät der Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Neuordnung des Insolvenzverfahrenrechts, das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG). Es könnte bereits im Frühjahr 2012 in Kraft treten. Haarmeyer begrüßt das Vorhaben, stellt aber gerade auch in der Frage der Vergütung der Insolvenzverwalter noch großen Nachbesserungsbedarf für den aktuellen Entwurf fest: "Von größter Bedeutung ist eine Deckelung der Vergütung. Sie darf in der Regel nicht mehr als ein Drittel der Verteilungsmasse betragen."
Mangelnde Wirtschaftskompetenz ?
Viele Insolvenzverwalter haben aufgrund der aktuellen gesetzlichen Handhabung kein Interesse, ein Verfahren schnell und konstruktiv zu Ende zu bringen. Haarmeyer erklärt: "Unbedingt notwendig ist daher die Auslagenpauschalen zu senken und sie auf das erste und zweite Jahr zu begrenzen. Auch die aktuelle Gesetzesfassung des ESUG führt dazu, dass Verfahren allein schon deshalb in die Länge gezogen werden, weil auch die hängenden Akten in der Summe erhebliche Einträge garantieren." Das Insolvenzverfahren solle laut Gläubigerschutz-vereinigung möglichst viele Anreize für die Sanierung eines Unternehmens bieten. Er spricht sich daher für eine erfolgsbezogene Vergütungsvereinbarung aus.
Erfolg durch Sanierung ist aber nicht nur eine Frage des guten Willens sondern hat auch viel mit der Wirtschaftskompetenz des jeweiligen Insolvenzverwalters zu tun. Dies, so Haarmeyer, sei ein weiteres Manko in der gegenwärtigen Situation in Deutschland: "Insolvenzverwalter sind zu 95 Prozent weitgehend auf die Insolvenzabwicklung spezialisierte Rechtsanwälte, die durch das Gericht bestellt werden. Die Erfahrung aber zeigt, dass kaufmännisch ausgebildete Verwalter deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Leider orientieren sich die Gerichte hierzulande nur in Ausnahmefällen an den ökonomischen Referenzen des Insolvenzverwalters. Hier muss sich dringend Einiges ändern."
Umfassende Stellungnahme der Gläubigerschutzvereinigung
Auf elf Seiten bewertet der gemeinnützige GSV den ESUG-Entwurf vom 4. März und schlägt Verbesserungen vor. Die Stellungnahme ist ab sofort als PDF-Dokument auf der Webseite www.gsv.eu downloadbar.
Die Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e.V. (GSV) wurde von einem breiten Bündnis institutioneller Gläubiger, Unternehmen und Wissenschaftlern initiiert. Ziel ist eine bundesweite Interessenvertretung der Gläubiger in Krise und Insolvenz. Der GSV vertritt die Interessen aller Gläubiger, insbesondere des ungesicherten Mittelstandes (KMUs) sowie der institutionellen Gläubiger, die die größten Lasten in Insolvenzverfahren zu tragen haben. Deren optimale Interessenvertretung im Insolvenzverfahren sowie eine Ver-besserung der Beteiligung an den wesentlichen Entscheidungen im Verfahren, ist die vor-rangige Aufgabe des GSV. Der GSV bündelt die Interessen und kooperiert mit allen betei-ligten Interessengruppen partnerschaftlich. So lassen sich
• durch frühzeitige Sanierungsbemühungen volks- und betriebswirtschaftliche Schäden reduzieren,
• Vertretungen und Ergebnisse in Insolvenzverfahren optimieren,
• qualitätsgesicherte Standards und Transparenz in der Praxis etablieren,
• notwendige gesetzliche Veränderungen zur Stärkung der Gläubiger vorantreiben.
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