(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist bestürzt über die
Ermordung des Journalisten Jachja Magomedow am 8. Mai im Norden der
russischen Teilrepublik Dagestan. Der Chefredakteur der
awarischsprachigen Ausgabe der Zeitschrift "As-Salam" wurde in der
Nähe der Stadt Chasawjurt von Unbekannten erschossen. ROG appelliert
an die Behörden, die Täter nicht straffrei ausgehen zu lassen. "Der
Fall muss aufgeklärt, die Mörder vor Gericht gebracht werden."
In den südrussischen Republiken Dagestan, Inguschetien und
Tschetschenien herrsche ein Klima der Straflosigkeit für Verbrechen
gegen Journalisten. Mindestens vier Journalisten wurden im
Nordkaukasus seit 2008 ermordet. Keiner der Fälle ist bisher
vollständig aufgeklärt worden, die Täter sind nicht zur Verantwortung
gezogen worden.
Magomedow wurde von vier Schüssen getroffen, als er am Abend gegen
22 Uhr 30 das Haus seines Bruders in dem Ort Kokrek verließ. Die
Polizei geht derzeit von der Annahme aus, dass der Journalist "aus
Versehen" getötet wurde und der Anschlag Magomedows Bruder, einem
Polizisten, galt. Einige lokale Medienvertreter weisen jedoch darauf
hin, dass die in Magomedows Zeitschrift vertretenen religiösen
Sichtweisen Wut und Ärger bei muslimischen Fundamentalisten
hervorgerufen haben könnten.
Das Magazin "As-Salam" beschäftigt sich vor allem mit islamischen
Glaubensfragen und -praktiken. Die Zeitschrift vertritt einen
gemäßigten traditionellen Islam und gilt als Kritikerin der so
genannten Wahhabiya - eine konservative Richtung des sunnitischen
Islams hanbalitischer Richtung. Journalisten, die einen moderaten
Islam vertreten, sind nach den Angaben örtlicher Medienvertreter
schon häufiger Opfer von Übergriffen geworden. Magomedow könnte also
aus diesem Grund in die Schusslinie geraten sein.
Ein weiterer Beobachter berichtete gegenüber ROG, dass die
Berichterstattung von "As-Salam" über Fälle von Korruption Vertreter
der Regierung verärgert haben könnte.
ROG fordert die Polizei- und Justizbehörden auf, nicht nur in eine
Richtung zu ermitteln. "Es ist noch viel zu früh, auszuschließen,
dass das Mordmotiv mit der journalistischen Arbeit des Opfers
zusammenhängt".
Mit dem anhaltenden Bürgerkrieg in Dagestan stagniert auch die
schwierige Situation der Medien in der südrussischen Republik. Viele
Medienvertreter werden bedroht und schikaniert. Der Mord an Magomedow
folgt nur eine Woche nach einem tätlichen Angriff auf einen
Korrespondenten der unabhängigen Wochenzeitung "Tschernowik".
Während die Verantwortlichen der Gewalt im Kaukasus unbehelligt
bleiben, geben jüngere Ermittlungen zu einem Journalistenmord in der
Hauptstadt Moskau Anlass zur Hoffnung: Das kürzliche Gerichtsurteil
zum Doppelmord an dem Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow und der
Journalistin Anastasia Baburowa könnte ein erster Schritt im Kampf
gegen die in Russland weit verbreitete Straffreiheit für Verbrechen
gegen Journalisten sein.
Markelow und Baburowa wurden im Januar 2009 nach einer
Pressekonferenz auf offener Straße im Zentrum Moskaus
niedergeschossen. Am 28. April befand ein Moskauer Gericht den
Ultranationalisten Nikita Tichonow für schuldig, den Mord geplant und
verübt zu haben. Seine Ehefrau Jewgenija Chasis wurde in dem Fall
wegen Beihilfe zum Mord verurteilt.
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