(ots) - 45 Prozent gehen von höheren wirtschaftlichen
Schäden durch Streiks als noch vor Jahren aus / Klares Votum für
einheitliche Tarifverträge / Professoren-Gremium erarbeitet
Regelungsvorschläge
Berlin/München, 26. Mai 2011 - Mit einer deutlichen Mehrheit
sprechen sich die Deutschen für Einschränkungen des Streikrechts oder
ein Verbot von Streiks in Unternehmen der Daseinsvorsorge aus. Dies
hat das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) in einer
repräsentativen Befragung unter 1.798 Bundesbürgern im Auftrag der
Carl-Friedrich von Weizsäcker-Stiftung (CFvW) ermittelt. Danach sind
knapp 72 Prozent aller Befragten für Einschränkungen oder ein Verbot
von Streiks bei Beschäftigten in Krankenhäusern. Auch im Luftverkehr
und bei der Bahn sprechen sich mit jeweils um die 60 Prozent große
Teile der Bevölkerung für ein Verbot von Streiks bzw. für ein
eingeschränktes Streikrecht aus. Für ein völliges Streikverbot bei
Fluggesellschaften und Flughäfen sind dabei neun Prozent, bei der
Bahn sind es 14 Prozent. Demgegenüber votieren knapp 30 Prozent
weiterhin für ein uneingeschränktes Streikrecht im Bahnverkehr, etwa
ebenso viele im Flugverkehr und lediglich 21 Prozent für ein
uneingeschränktes Streikrecht im Krankenhaus-Sektor.
Großen Teilen der Bevölkerung sind auch die wirtschaftlichen
Folgen von Streiks bewusst. Mit über 45 Prozent ist eine deutliche
relative Mehrheit davon überzeugt, dass die von Streiks ausgelösten
wirtschaftlichen Schäden heute höher liegen als noch vor Jahren, nur
gut sechs Prozent glauben, dass sie niedriger sind. Dennoch stehen
die Deutschen mit großer Mehrheit hinter den Gewerkschaften: Nur zehn
Prozent sind der Meinung, Gewerkschaften seien heute generell
überholt. Allerdings sehen 37 Prozent deutlichen Veränderungsbedarf
bei den Gewerkschaften, da ihr Verhalten nicht mehr in diese Zeit
passe.
Das wichtigste Ziel, für das sich Gewerkschaften einsetzen
sollten, ist für 61 Prozent der Befragten die Durchsetzung höherer
Löhne. Mit knapp 47 Prozent der Nennungen folgen die Durchsetzung
eines besseren Kündigungsschutzes und einer Besserstellung von
Leiharbeitern (42 Prozent). Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen
und bessere Sozialleistungen nannten 40 bzw. 31 Prozent. Kürzere
Arbeitszeiten sind heute nur noch für knapp zehn Prozent ein
wichtiges Ziel.
Jeder zweite Deutsche spricht sich sowohl für
Branchengewerkschaften als auch für branchenbezogene Tarifverträge
aus. Nur ein knappes Viertel findet unterschiedliche Tarifverträge
für einzelne Berufsgruppen einer Branche besser. Gleichwohl sind
große Teile der Bevölkerung davon überzeugt, dass
Spartengewerkschaften die Interessen der Arbeitnehmer gezielter
vertreten. Eine Gewerkschaft für alle Arbeitnehmer präferieren
lediglich 14 Prozent.
Neben der Allensbach-Umfrage hat die Carl Friedrich von
Weizsäcker-Stiftung ein Professoren-Gremium beauftragt,
Regelungsvorschläge für Arbeitskämpfe in Unternehmen der
Daseinsvorsorge zu erarbeiten. "Damit wollen wir die Basis für einen
gesellschaftlichen Diskurs schaffen, bei dem alle Optionen zur
Diskussion gestellt werden", sagte Dr. Frank Meik, Kurator der
Weizsäcker-Stiftung (Zukunft der Arbeit). Mit ihrem Gesetzentwurf
wollen die renommierten Rechtswissenschaftler das Streikrecht auch
von Berufsgewerkschaften - etwa bei Transportunternehmen oder im
Bereich des Krankenwesens - sichern, gleichzeitig jedoch das
ungestörte Funktionieren von Unternehmen im Bereich der
Daseinsvorsorge sicherstellen.
Prof. Dr. Gregor Thüsing, Arbeitsrechtler an der Universität Bonn
und Mitglied des dreiköpfigen Professoren-Gremiums, verwies auf
entsprechende Regelungen in Ländern wie Frankreich, Spanien, Italien
und den USA: Dort sind Streiks etwa bei Verkehrsunternehmen
gesetzlichen Beschränkungen unterworfen, um gravierende Störungen des
öffentlichen Lebens zu vermeiden. Thüsing und seine beiden Kollegen,
die Rechtsprofessoren Prof. Dr. Martin Franzen, München, und Prof.
Dr. Christian Waldhoff, Bonn, wollen eine Einbindung solcher Konzepte
in die deutsche Rechtslage prüfen. Als Ziel der
Professoren-Initiative sieht Thüsing "einen Gesetzentwurf, der den
Interessen der Öffentlichkeit gerecht wird, ohne das
Kräftegleichgewicht zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften zu
verschieben". Der Entwurf der Arbeits- und Verfassungsrechtler soll
im Herbst vorgelegt werden.
Weitere Informationen finden sich auf der Website der
CFvW-Stiftung www.CFvW.org im Bereich "Zukunft der Arbeit".
Pressekontakt:
Dr. Frank Meik, Kurator der CFvW-Stiftung und Direktor Zukunft der
Arbeit, E-Mail: meik(at)cfvw.de