(ots) - Deutsche Umwelthilfe wirft Bundesregierung Abkehr
vom "schnellstmöglichen" Ausstieg vor - Gesellschaftlicher Konsens so
nicht möglich - Rückkehr zum Zeitplan des rot-grünen Atomausstiegs
von 2001 unangemessen angesichts von Fukushima, der realen
Terrorgefahr und der heute bereitstehenden Alternative Erneuerbare
Energien - Bis zum Ende der nächsten ein bis zwei Legislaturperioden
keine weitere Abschaltung? - DUH-Bundesgeschäftsführer Baake fordert
kurzfristige Nachbesserungen
Berlin, 30. Mai 2011: Mit ihrem Beschluss, erst Ende 2022 aus der
Atomenergie auszusteigen, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr nach
Fukushima abgegebenes Versprechen eines "schnellstmöglichen"
Abschieds von der Atomkraft gebrochen. Damit setze sie nicht nur die
Bevölkerung unnötig lange dem Risiko eines schweren Atomunfalls auch
in Deutschland aus, sie drohe auch eine historische Chance zu
verpassen, die sich aus der verheerenden Reaktorkatastrophe in Japan
ergeben hatte, erklärte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH) Rainer Baake.
"Wenn es bei dem Beschluss von Sonntagnacht bleibt, wird es in
Deutschland auf absehbare Zeit keinen gesellschaftlichen Konsens über
die Energiepolitik geben". Das sei bedauerlich, weil das von der
Ethikkommission vorgeschlagene ´Gemeinschaftswerk für die Zukunft´
die Umsetzung der Energiewende in der Tat erheblich hätte erleichtern
können. Tatsächlich sei die Kanzlerin nach wie vor "eine Getriebene
ihrer falschen Energiepolitik der letzten Jahre" und orientiere den
Ausstiegsfahrplan erneut an Rücksichtnahmen auf die Atomkonzerne und
die Atomhardliner in ihrer Partei und Koalition.
Baake erinnerte daran, dass die Bundesregierung zeitlich in etwa
auf den Ausstiegsbeschluss zurückkomme, der von der damaligen
rot-grünen Bundesregierung 2001 im Konsens mit den Atomkonzernen (und
gegen den erbitterten Widerstand von Union und FDP) ausgehandelt
worden war. Seither habe es aber nicht nur Fukushima gegeben, sondern
auch Krümmel, Brunsbüttel, sowie dokumentierte Pläne der
islamistischen Attentäter vom 11. September 2001, Atomkraftwerke mit
Passagiermaschinen anzugreifen. Außerdem stehe mit den Erneuerbaren
Energien eine Alternative bereit, deren heutiger Entwicklungsstand
vor zehn Jahren nicht annähernd absehbar gewesen sei.
Statt eines klaren Aufbruchssignals für die Energiewende gehe von
dem Beschluss, in 11,5 Jahren aus der Atomenergie auszusteigen, nun
erneut ein "Signal der Unsicherheit" aus. Es sei wegen der
Beibehaltung der Strommengenregelung und der Übertragungsmöglichkeit
auf andere Reaktoren nicht klar, wann - jenseits der bereits
abgeschalteten sieben Altmeiler und des AKW Krümmel - welche
Reaktoren stillgelegt würden. Dem erneuten Missbrauch der
Strommengenregelung durch die Konzerne werde die Tür geöffnet. Das
Problem möglicher Stromengpässe im kommenden Winter, wenn es denn
überhaupt real existiere, sei kurzfristig durch eine vom reinen Markt
abweichende Zuschaltreihenfolge bestehender Kraftwerke und in wenigen
Jahren über den Zubau einiger weniger flexibler Gaskraftwerke gut
beherrschbar.
Baake forderte die Bundesregierung auf, den jetzt im Kanzleramt
beschlossenen Ausstieg im gesellschaftlichen und parteipolitischen
Dialog noch einmal zu beschleunigen und klare Abschalttermine für die
noch verbleibenden Reaktoren gesetzlich festzulegen. Nur eine klare
Festlegung kurzer Restlaufzeiten schaffe die Investitionsbedingungen
und die Planungssicherheit, die die Erneuerbare Energien Branche
insgesamt, aber auch Stadtwerke und mittelständische Stromversorger
brauchten, um in die Energiewende mit der nötigen Dynamik zu
investieren.
Baake lobte die Koalition für ihre Absicht, sieben alte
Atomkraftwerke und den seit fast vier Jahren mit nur einer kurzen
Unterbrechung abgeschalteten Reaktor Krümmel endgültig stillzulegen.
Damit sei etwa die Hälfte des inländischen Katastrophenrisikos aus
Atomkraftwerken dauerhaft gebannt. Allerdings stehe dieser Beschluss
in "ärgerlichem Kontrast" zu der erkennbaren Absicht, die
verbleibenden neun Reaktoren schwerpunktmäßig erst in den Jahren 2021
und 2022 abzuschalten. Baake: "Wer unter dem unmittelbaren Eindruck
explodierender Atommeiler sieben AKW stilllegt und keine drei Monate
später eine Ausstiegspause von ein bis zwei Legislaturperioden
beschließt, setzt sich dem Verdacht aus, schon wieder zu taktieren."
Selbst wenn man die Ausstiegsabsicht der Bundeskanzlerin für bare
Münze nehme, sei es unklug, für lange Zeit an den verbleibenden neun
Meilern festzuhalten, um sie dann geballt in einem sehr kurzen
Zeitraum still zu legen. Dies werde nicht zu einer Verstetigung und
Beschleunigung der Energiewende in den kommenden Jahren beitragen.
Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Mobil: 015155016943, Tel.: 0302400867-0, E-Mail: baake(at)duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Deutsche Umwelthilfe
(DUH)
Tel.: 0302400867-0, Mobil: 01715660577, E-Mail: rosenkranz(at)duh.de