(ots) -
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hatte die Debatte um
eine gesetzliche Frauenquote in der Wirtschaft nochmals angeheizt.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom und
BITKOM-Vizepräsident René Obermann konterte in einem Interview. Er
verteidigte den Ansatz einer Selbstregulierung der Unternehmen.
René Obermann war Ende vergangener Woche auf der Jahrestagung des
Hightech-Verbands BITKOM in München als Vizepräsident bestätigt
worden. Am Rande der Veranstaltung sprach mit ihm Timo Horstkemper...
Die Wirtschaft braucht eine neue Führungskultur. Das Motto:
Weniger Testosteron, mehr weiblich-männlich-gemischte Teams. Welche
Widerstände sind hier in den Unternehmen zu überwinden?
O-Ton 1 / 42 Sek.
"Es müssen die Traditionen überwunden werden, wo Männer an der
Spitze Männer einstellen - ihresgleichen - oder, wo es Männern
unangenehm ist oder vielleicht noch nicht akzeptabel erscheint an
Frauen zu berichten, weil sie einfach in diesen tradierten Mustern
immer noch denken. Das wird keiner offen aussprechen, aber es gibt
diese Traditionen und diese Denkmuster noch. Und dann müssen wir
natürlich auch die Kultur im Unternehmen insgesamt verändern: Die
Führungskultur verändern, die Präsenzkultur hinterfragen und
Rahmenbedingungen schaffen, damit Frauen nach anfänglich gutem
Berufsstart auch sozusagen über die Zeit nach oben kommen und ihre
Karriere nicht unterbrechen müssen, weil die Rahmenbedingungen nicht
ausreichend sind."
Sie haben es im Grunde ja jetzt gerade auch schon angedeutet, es
geht ja wirklich darum, grundlegende Mechanismen neu aufzustellen...
O-Ton 2 / 35 Sek.
Also es reicht nicht nur Frauenquoten-Vorgaben für das
Top-Management zu machen, sondern es muss Aufbauarbeit geleistet
werden, die Strukturen müssen geschaffen werden, die Arbeitskultur
muss sich verändern. Diese zum Beispiel regelmäßigen Meetings und
Präsenzen bis in die späten Abendstunden sind einfach nicht
familienfreundlich. Wir brauchen hier eine größere Flexibilisierung.
Und wir müssen beim Nachwuchsmanagement anfangen, bei der
Rekrutierung, bei der Entwicklung im Talentmanagement, bis hin zu
festen Vorgaben, was denn die Ausweitung des Kandidatenkreises für
Führungsfunktionen angeht - und vieles mehr."
Für viele haben diese Umwälzungen etwas Bedrohliches - gerade auch
für viele Männer in der jetzigen Arbeitswelt. Aber eigentlich geht es
ja auch darum, brach liegende Potentiale neu zu erschließen. Zum
Beispiel durch Teilzeit-Stellen auf der Führungskräfte-Ebene...
O-Ton 3 / 30 Sek.
"Ja, es geht nicht nur um das Gebot gesellschaftlicher Fairness -
allerdings geht es auch darum - sondern es geht auch sehr stark um
die betriebliche Erfordernis und um die Erfordernis in der Wirtschaft
allgemein. Da wir alle wissen, in unserem Sektor IT und
Telekommunikation fehlen schon über 20, glaube, rund 25.000
Fachkräfte - Tendenz steigend - können wir uns gar nicht leisten, auf
so einen großen Talentpool zu verzichten. Also neben der
gesellschaftlichen Frage ist eben auch eine harte ökonomische
Erfordernis für die Zukunft - für weiteres Wachstum." Sie als
Deutsche Telekom, sind vorausgegangen. Sie haben unter anderem
freiwillig eine Frauenquote auf Top-Etagen eingeführt. Wie schätzen
Sie ein, wie sehr werden andere große deutsche Unternehmen da
mitziehen?
O-Ton 4 / 42 Sek.
"Naja, es ist schon viel Bewegung im Gange. Eine Art Kodex oder
Selbstverpflichtung ist ja bereits unterschrieben. Und für mich ist
das gar keine Frage mehr. Die Frage ist jetzt, ob es noch gesetzlich
harte Vorgaben gibt. Da meine ich könnten wir eigentlich darauf
verzichten. Denn, ich glaube, der Ball ist im Feld. Ich bin
optimistisch, dass die Wirtschaft aus eigener Notwendigkeit, aber
auch, weil die öffentliche Debatte nicht mehr aufzuhalten ist und
große Bedeutung bekommen hat, jetzt vorwärts geht. Die Wirtschaft
kann ja nicht gesellschaftliche Trends ignorieren - sie macht sich ja
sonst unbeliebt bei den Kunden. Und das war ja auch für uns ein
Motiv: Die Hälfte unserer Kunden sind Frauen, aber nur ein kleiner
Teil unserer Verantwortlichen sind Frauen. Dies Missverhältnis gilt
es aufzulösen - auch um am Markt besser zu reüssieren."
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und
neue Medien (BITKOM) hat eine Initiative zur Förderung von Frauen in
der ITK-Industrie gestartet. Die Initiative soll sowohl einen Beitrag
zur Chancengleichheit als auch zur Linderung des Fachkräftemangels in
der Hightech-Branche leisten. Zu den geplanten Maßnahmen gehören ein
freiwilliger Kodex für die Unternehmen, Praxis-Leitfäden und ein
Preis, mit dem künftig einmal jährlich Frauen für herausragende
Leistungen im Hightech-Sektor ausgezeichnet werden.
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