(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) beobachtet mit Sorge
die neue Welle von Repressionen gegen Journalisten und
Online-Aktivsten in Belarus. Seit Beginn der regierungskritischen
Proteste Mitte Juni haben Verhaftungen, Ãœbergriffe sowie Zensur und
Internetüberwachung massiv zugenommen.
Mindestens 25 Journalisten wurden am 6. Juli in Minsk und einigen
weiteren Städten in Belarus am Rande friedlicher Proteste
festgenommen. Bereits wenige Tage zuvor, am 3. Juli, waren mindestens
15 Journalisten, die über die landesweiten Demonstrationen berichten
wollten, verhaftet worden. In Minsk setzten die Sicherheitskräfte an
diesem Tag zudem Tränengas gegen Fotografen und Kameraleute ein. ROG
forderte die belarussische Regierung unter Präsident Alexander
Lukaschenko auf, die nahezu täglichen Übergriffe der
Sicherheitskräfte gegen Journalisten zu stoppen.
Die Mehrheit der in den vergangenen Tagen festgenommenen
Journalisten wurde innerhalb weniger Stunden wieder freigelassen.
Fünf Journalisten wurden hingegen am 4. Juli zu Gefängnisstrafen
zwischen drei und zwölf Tagen verurteilt. Unter den bisher
verurteilten Pressevertretern sind drei Mitarbeiter des polnischen
Fernsehsenders "Belsat", ein Korrespondent des belarussischen
Programms des polnischen Hörfunksenders "Polskie Radio" und eine
Journalistin eines lokalen Online-Nachrichtenportals. Sieben weitere
Medienvertreter warten noch auf ihren Prozess. Viele von ihnen
arbeiten frei oder für Online-Nachrichtenseiten. Keine sicheren
Informationen hat ROG über den Verbleib von Volha Rudnitskaja,
Korrespondentin des polnischen Fernsehsenders "Belsat TV".
"Die Verurteilungen markieren eine neue Stufe der Repressionen
gegen Medienmitarbeiter in Belarus", so ROG. Mit diesen Strafen
versuche die Regierung die Verbreitung von Informationen über die
Mobilisierung zu Protesten zu verhindern. Im Zeitalter des Internets
sei eine solche Strategie jedoch zum Scheitern verurteilt. Die
gegenwärtigen Repressionen schürten nur die inneren Spannungen, warnt
ROG.
Am 5. Juli wurde zudem Andrzej Poczobut, Korrespondent der
polnischen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza", zu einer dreijährigen
Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Poczobut, der in seinen Artikeln
Lukaschenko als "Diktator" bezeichnet hatte, wurde wegen
"Diffamierung" des Präsidenten schuldig gesprochen. Bereits am 6.
April war der Journalist verhaftet worden. ROG begrüßt zwar, dass der
Journalist nach drei Monaten willkürlicher Haft freigekommen ist,
fordert aber eine Revision des Urteils. Poczobut könne in Zukunft
nicht mehr frei arbeiten, ohne eine mehrjährige Gefängnisstrafe zu
riskieren, so ROG. Die Gerichtsentscheidung sei eine "Warnung an alle
Journalisten, die es wagen, die belarussische Regierung zu
kritisieren".
Zugleich kritisiert ROG den steigenden Druck auf
Online-Aktivisten, die Aufrufe zu Demonstrationen verbreiten.
Angesichts der wichtigen Rolle, die das Internet bei der
Mobilisierung der Protestteilnehmer spielt, griffen die Behörden die
sozialen Medien nun direkt an. So wurde etwa bei dem Netzwerk-Medium
"Vkontakte" die Seite der Gruppe "Revolution über soziale Netzwerke"
mit weit mehr als 200.000 Mitgliedern am Vorabend der Demonstrationen
des 3. Juli geschlossen.
Blogger berichten zudem von Vorladungen zu Verhören. Ein
Internetaktivist wurde Ende Juni nach der Veröffentlichung eines
Satire-Artikels über einen Politiker zu einer Geldstrafe verurteilt.
Auf der anderen Seite nutzt die Regierung das Internet, um
Demonstranten, Aktivisten und Kritiker einzuschüchtern. So warnte
etwa das Innenministerium und die Polizei über Twitter vor einer
Teilnahme an Demonstrationen.
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