(ots) - Ein Kommentar von Egbert Nießler
Die Bilder sind unerträglich - und sie kommen alle paar Jahre
wieder. Verzweifelte und ausgemergelte Männer, Frauen und Kinder in
Afrika, die nur noch mit der Hilfe von ?außen überleben können,
erreichen mit letzter Kraft Flüchtlingslager - und per Fernsehen oder
Zeitung unsere Wohnzimmer. Die Ursachen für die Misere sind bekannt:
Leer gefischte Meere, von internationalen Konzernen aufgekaufte
Äcker, Spekulationen auf dem globalen Lebensmittelmarkt - und
natürlich die große Dürre. Hinzu kommen aber auch eine fehlende oder
zerstörte Infrastruktur, korrupte und bürokratische Regierungen oder
die weitgehende Abwesenheit staatlicher Strukturen wie seit nunmehr
fast 20 Jahren in Somalia. In die administrative Lücke sind
islamistische Milizen und egoistische Stammeshäuptlinge gestoßen, die
das Elend auf die Spitze treiben. In dieser geradezu aussichtslosen
Lage gibt es kein Patentrezept für die schnelle Lösung aller
Probleme. Aber schulterzuckend wegschauen kann für den Westen, der
außer wirtschaftlichen Interessen stets auch ethische und moralische
Ansprüche für sich reklamiert, keine Option sein. Nothilfe für die
Hungernden, die für die politische Situation ohnehin nichts können,
ist das Mindeste. Soll sich diese Situation nicht alle Jahre wieder
am Horn von Afrika oder in irgendeiner anderen Region der sich
ausbreitenden Sahelzone wiederholen, sind aber langfristige Maßnahmen
unabdingbar. Der Kontinent muss vor allem politisch stabilisiert
werden, wenn nötig und möglich auch mit Druck auf die Herrschenden.
Afrika ist nicht ohne Afrika zu helfen. Dazu muss es aber auch
befähigt werden. In diesem Zusammenhang müssten der Westen und auch
China oder andere auf dem Kontinent engagierte Staaten noch einmal
nachrechnen, ob wirtschaftliche Partnerschaft auf die Dauer nicht
finanziell wie ethisch profitabler ist als die Jagd nach dem
schnellen Gewinn mit dem sich immer wieder anschließenden
Teufelskreis aus Flüchtlingsströmen, Hilfsaktionen und sich
radikalisierenden politisch-religiösen Bewegungen. Das mag im Moment
unfassbarer Not wie eine blauäugige ferne Utopie klingen. Aber kein
menschengemachtes Schicksal, auch nicht das Afrikas, ist
unabänderlich. Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
war Indien das Synonym für Hunger. Heute gilt der Subkontinent als
kommende Wirtschafts- und Weltmacht.
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