(ots) - Die Menschen hinter der Opferzahl
Nach dem hilflosen Entsetzen der ersten Tage und den
Demonstrationen von Solidarität im ganzen Land hat für die Norweger
gestern eine neue Phase der Bewältigung ihres Traumas begonnen: Das
Land lernt die Opfer der Anschläge kennen. Die Polizei hat die noch
fehlenden Namen der Getöteten öffentlich gemacht - und so lange haben
die Medien gewartet.
Jetzt aber erzählen sie alle gleichzeitig: wer die Verstorbenen
waren, wofür sie sich engagiert haben in ihrem jungen Leben, welche
Bedeutung sie für ihr Umfeld hatten. Und das hat nichts mit
Sensationsjournalismus zu tun. Die Medien zitieren Hinterbliebene mit
dem, was sie über ihre toten Kinder, Geschwister und Freunde sagen
möchten. Das geschieht in derselben würdevollen Weise, mit der die
Norweger uns schon in den vergangenen Tagen beeindruckt haben. Und es
gibt einem starken Bedürfnis Ausdruck: die Toten zu ehren, sie
unvergesslich zu machen, ihnen einen Platz in der Zeit nach dem 22.
Juli zu sichern.
Der Anschlag sollte die längst multikulturell gewordene
Gesellschaft treffen - gestern standen bei der Beerdigung einer
jungen Kurdin ein Imam und eine Pastorin nebeneinander. Zumindest in
dieser Zeit der Trauer sind genau die Menschen zusammengerückt, die
der Attentäter trennen wollte. Damit er dauerhaft verliert, wird es
aber auch auf die Zeit nach der Trauer ankommen - darauf, dass die
Annäherung in der Not auch in normalen Zeiten Bestand hat.
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